Opeth (live in concert)
• • Skaters Palace (Münster) • • 01.Juni 2009 • •

Konzertbericht

    Am Pfingstmontag (01.06.2009) mache ich mich nach einem langen Nachmittag in der Sonne und knappem Abendessen kurz nach 19:00 Uhr mit dem Rad auf den Weg an den Dahlweg, der am hinteren Ende des Bahnhofsviertels in Münster liegt. Nach einer knappen Viertelstunde erreiche ich mein Ziel, wie mir die Gruppen - vorwiegend schwarz gekleideter und langhaariger Leute - zeigen. Es ist mein erster Konzertbesuch im Skaters Palace. Die alte Fabrikhalle macht zunächst einen für Konzerte passenden und stylischen Eindruck. Ins Innere mögen wohl gut vierhundert Leute passen, allerdings ist die Bühne an der hinteren Ecke und nur von dieser Seite ohne die raummittigen Betonsäulen frei einsehbar, so daß die Publikumsfläche trotz des großen Raumes recht begrenzt wirkt.

    Pünktlich um 20:00 Uhr beginnt die Vorband Long Distance Calling, teilweise mit Münsteraner Besetzung, mit ihrem gut halbstündigen Auftakt in den Konzertabend (die ersten drei Bilder, siehe unten). Die Band spielt instrumental, macht an den Instrumenten ordentlich was her. Die Mischung aus sphärischen Klangebenen und druckvollem Metal passt gut ins Vorprogramm zum Main-Act. Leider merke ich schnell, daß die räumliche Gestaltung des Konzertraums nicht das einzige Problem des Abends sein wird. So gut die Musik der Band arrangiert und gespielt ist, so unterdurchschnittlich ist die Klangqualität in der Halle. Viele Nuancen gehen schon bei mittlerer Lautstärke der Musik in dem verwinkelten Raum unter.
    Nach der Vorband scheint noch eine Weile des Umbaus nötig zu sein, also verlasse ich noch einmal die düstere Halle. Draußen herrscht noch schönstes Frühsommer-Abendwetter. Hier treffe ich auch auf drei Musikerkollegen von Aurora, die am selben Mittag ihren Gig am Aasee im Rahmen des WDR-Musikfestes gespielt haben, nebst Damenbegleitung. Entsetzen macht sich bei Teilen der Mitrocker breit, als sie mein Outfit sehen. Mit meiner dunkelblauen Jeans und weissem (!) T-Shirt hebe ich deutlich vom Gros der Fanmassen ab. Nach einer kurzen Begrüßung und knappen Berichtens vom nachmittäglichen Auftritt, den ich leider nicht sehen konnte, steht auch schon der Hauptact an.

    Als Opeth unverblümt loslegen, ist natürlich schlagartig riesige Laune unter den wohl dreihundert bis dreihundertfünfzig Besuchern. Der erste Song hat noch gewaltige Klangdefizite, die der zuständige Mann am Mischpult nach dem Song einigermaßen in den Griff bekommt. Auch wenn noch einige Songpassagen (besonders im mittleren und hohen Frequenzbereich - sprich Gitarrensoli und Gesangsparts) verwaschen, ist der Sound ab dem zweiten Song einigermaßen erträglich. Wenigstens ist die Gesamtlautstärke des Konzerts gut ausgepegelt: es reicht für ein wohliges Bassfrequenzwummern in der Magengegend und ein ekstatisches Mitmoschen, meine vorsorglich mitgenommenen Ohrstöpsel brauche ich jedoch nicht, habe nach dem Konzert kein ungewolltes Nachfiepen in den Ohren zu beklagen.
    Die Laune bei Band und Publikum ist bestens, gespielt wird ein bunter Mix aus allen Alben. Besonders während der ersten Hälfte des Auftritts ist Frontmann Mikael Åkerfeldt in lockerer Plauderlaune zwischen den Songs, während er ein Wasser trinkt. Als in einer der ersten Songpausen ein Fan aus dem hinteren Hallenteil in einem recht ruhigen Moment ein gut verständliches "I love you!" gröhlt, bedankt er sich entzückt. So kommen immer wieder kleine Anekdoten vom Frontmann, der später beispielsweise kurz über die lange, anstrengende Welttournee zu philosophieren beginnt und uns erklärt, daß er sich auf den nächsten Tag freut, weil er nach Monaten endlich wieder zu Hause ankommt. Besonders freue er sich darauf, mit seiner Frau Dinge zu tun, die man eben so zusammen tut -- gemeinsam Kochen etwa, wie wir erfahren dürften. Es kann auch sein, daß da von intimeren gemeinsamen Aktivitäten gesprochen wurde, aber so genau habe ich das nicht mehr in Erinnerung *grins*.
    Besonders lustig ist eine der letzten Quaselpausen, als Åkerfeldt weiter ausholt, uns erzählt, wie er am Vormittag die Stadt besichtigt, Frühstück mit Orangensaft genossen und eine Kirche besucht hat. Im Inneren der Kirche hätten alle "normalen" Gäste einen Platz möglichst weit von den langhaarigen Unholden aus Schweden gesucht, bis auf einen älteren Herrn, der direkt neben dem Frontmann saß und ihn nach Kurzem entzückt ansprach, er sehe doch aus wie Jesus Christus. In das amüsierte Gelächter der Fanmasse fällt dann ausgrechnet der Hinweis: "Now we gonna play a song from our album Deliverance -- so it could be a bit more energetic and diabolic...". Der Wechsel in der Setlist zwischen den melodiösen und flächigeren Song und den absolut düsteren Bolzern ist gut gemacht. Obwohl auch zu Beginn schon ein paar ruppige Songs dabei sind, hält der Frontmann bis zum Ende seine Stimme schadfrei. Zwei der gespielten Songs, einen davon kündigt Åkerfeldt gesondert an, daß sie ihn in Europa noch nie live gespielt hätten, bislang erst in den USA ein paarmal on stage gegeben haben, kenne ich überhaupt nicht. Ich bin mir im Nachhinein auch mit meinen Kollegen nicht sicher, ob es sich um einen neuen Song handelt oder um uraltes Proberaummaterial, das noch nicht auf LP erschienen ist, denn es kommt in den Zwischenreden auch das zwanzigjährige Bestehen der Band zur Sprache.
    Nach gefühlten "das war viel, viel zu kurz!" kündigt der Frontmann den letzten Song des Abends an, doch die Band lässt sich nicht allzu lange bitten, bis sie sich für eine bestimmt viertelstündige Zugabe nochmals auf die Bühne begeben. Da es nach dem Konzert schon 23:30 Uhr ist, muß der Auftritt wenigstens zwei volle Stunden gedauert haben. Gefühlt war das vielleicht eine halbe Stunde!

    Zwei meiner bekannten Musikerkollegen helfen zwar noch beim Abtransport von Musikzubehör der Vorband, aber wir kommen leider nicht mehr backstage und sehen die Band, die sich mehr als verdient auf ihren Urlaub daheim in Schweden freut, nicht mehr, um ihnen mit Autogrammwünschen auf die Nerven gehen zu können.
    Diese Frühsommernacht erweist sich - ich hatte es befürchtet - auf dem Heimweg zwar noch als recht kühl für eine T-Shirt-Radtour, doch nach ein paar Minuten des Fröstelns ist das überstanden. Wie gesagt, haben auch meine Ohren an diesem Abend keinen merklichen Schaden genommen. Einen vorübergehenden Kollateralschaden hatte ich am nächsten Tag dennoch zu verzeichnen, den ich nach dem Auftritt schon bemerkt habe: ich stand den Auftritt über in vierter Reihe rechts vor der Bühne und hatte eine dieser dummen Säulen vor der Nase. Für eine gute Sicht und freies Schussfeld für Bilder muß ich wohl das gesamte Konzert unbemerkt arg linkslastig gestanden haben. Am nächsten Tag merkte ich eine deutliche Versteifung im linken Fuß- und Hüftgelenk und einen linksbeinigen Muskelkater. Fühlt sich ziemlich albern an, war aber bereits tags darauf überstanden. Und für einen Act dieses Kalibers ein mehr als erträgliches Zipperlein...

Bilder


Links

Opeth - die offizielle Homepage der schwedischen Heavy-Progger
http://www.opeth.com/

Opeth MySpace - die Band beim Musikportal
http://www.myspace.com/opeth

Long Distance Calling MySpace - offizieller Auftritt der Vorband bei MySpace
http://www.myspace.com/longdistancecalling

Skaters Palace - Homepage des Veranstalters in Münster
http://www.skaters-palace.de/

Musiktip - Musiktip Opeth im Musik-Universum
http://www.honartists.de/musik/musiktips/opeth/index.php