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Mark Knopfler : Alben
Der Ragpicker's Dream, zu deutsch der Traum des Lumpensammlers, hat ein simples Leitthema: den einfachen Menschen mit all seinen kleinen Freuden und Sorgen, die sein Leben bestimmen.
So singt Knopfler im Titelsong (Track #10), der in einem countrygerechten 6/8 Rhythmus und genre-treuem Arrangement daherkommt, von Vogelscheuchen, kühlem Bier, den
einfachen Dingen eben.
An anderer Stelle geht um die Weisheit des Quality Shoe (Track #5), denn braucht nicht jeder, ob erfolgreicher Stadtmensch oder einfacher Farmer, ein paar taugliche Schuhe?! Wie das Vorgängeralbum (s.u.) durchzieht eine musikalische Mischung aus Folk, Country und Blues das Album. Mal geht es sehr ruhig und andächtig zu wie in Hill Farmer's Blues (Track #3) - traumhafter Song! - oder dem wunderschön einfachen Marbletown (Track #7) mit seinem fließenden Picking. An anderer Stelle präsentiert sich das Leben des einfachen Menschen quirlig und gut gelaunt swingend wie in Devil Baby (Track #2) oder Daddy's Gone To Knoxville (Track #11). Bei A Place Where We Used To Live (Track #4) gibt es eine Idee von Salsa und hispanischem Einschlag. Wie beschreibt man dieses Album am besten so, daß es nicht negativ klingt - denn das soll es auf keinen Fall! Es ist im Gros unspektakulär, ohne großes Aufmüpfen oder Posing. Der Zauber steckt, und wenn wir uns die Thematik des Lumpensammlers vor Augen rufen, kann das nur beabsichtigt sein, in kleinen Details. Sie herauszupicken wäre sinnlos, es würde schlicht nichts bringen. Denn was bei diesem Werk zählt ist der lebensnahe Gesamteindruck, die kleinen Stories, die witzigen Anekdoten, die einfachen und bodenständigen Weisheiten der Menschen, die hier vertont wurden. Glücklicherweise kam der Songwriter Knopfler beim Zusammenstellen des Albums sogar mit weniger Theatralik aus als ich beim Erstellen dieser Rezension. *grins* Das zauberhaft vertonte, abwechslungsreiche Leben - ohne unnütze Schnörkel.
Mit diesem Album schaffte Knopfler den großen Durchbruch als Solo-Musiker. Seelenreiche Melodien
werden von schönen Texten begleitet. Eine Platte wie geschaffen für die ruhigen und nachdenklichen Stunden.
Los geht es mit What It Is (Track #1), welch ein schöner Titel für einen Albumsopener. Der Song ist uptempo zügig, sehr countrylastig und dicht arrangiert. Weite Strecken des Songs, besonders gegen Ende, sind instrumental. Ein flotter, aber sanfter Einstimmer für das Kommende. Und schon folgt der Titelsong Sailing To Philadelphia (Track #2), ein charismatisch ruhiger Countrysong, bei dem Knopfler im Duett mit Songwriter James Taylor zu hören ist. Inhaltliche Leitthematik ist die Mason-Dixon-Line, die nach den zwei Landvermessern Mason und Dixon des 18. Jahrhunderts benannte Grenze, die im Amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 die Südstaaten von den sklavenfreien Nordstaaten trennte. Der Fünfeinhalbminüter bekommt reichlich Raum zur Entfaltung. Who's Your Baby Now (Track #3) ist ein schnellerer Einspüler, der in seinen drei Minuten die nostalgische Schwermut vertreibt. Baloney Again (Track #4) ist langsamer, aber deutlich grooviger, bluesiger und bassbetont. Im Hintergrund stehende Hammondorgel und Bluesharp sorgen für Bewegung in den weitläufigen Instrumentalstrecken. Bei The Last Laugh (Track #5) kommt mit Van Morrison ein weiterer Gastsänger hinzu. Der Silvertown Blues (Track #6) baut sich ganz sachte auf. Zur bluesigen Gitarre kommen langsam Schlagzeug, Hammond, eine bluesrockig schmierige Leadgitarre und eine Zweitstimme. Im Grunde ist der Song ein einziges fünfeinhalbminütiges Crescendo, kein besonderer Überflieger, da er recht straight durchgeht, aber eine ohrgängige und schön arrangierte Nummer, die man nach einmaligem Hören immer wieder erkennt. El Macho (Track #7) ist wieder schneller und beinahe schweinös dreckig. Um den swingigen Beat und die zweistimmig babyhinternweichen Vocals schlängeln sich Orgel, Trompeten und Percussions in ständigem Wechsel. Die Prairie Wedding (Track #8) ist - titelgemäßig - staubiger, südstaatiger Country, bei dem man förmlich die Strohballen - vorbei am werdenden Ehepaar - durch die Prärie wehen sieht. Am deutlichsten bleibt Knopflers rauhe, gedämpfte Stimme. Die spontane Wanderlust (Track #9) ist im Grunde sehr ruhig, hat trotzdem etwas Treibendes. Vor allem der markige Bass und die Percussions sowie ein paar Aufblitzer der Leadgitarre sorgen für Aufbruchstimmung zum Wandern, schieben trotz der getragenen Grundstimmung angenehm subtil von hinten an, daß man mitwandern möchte. Der längste Titel des Albums ist Speedway At Nazareth (Track #10) mit seinen fast sechseinhalb Minuten. Nach hauchzarten Banjoklängen kommt auf einmal ein synthetischer Bass, Schlaggitarren und eine weibliche Zweitstimme, die den gewissen Country-Touch unterstreicht. Zwischen den Strophenparts gibt es ein paar Geigenklänge, ab der zweiten Minute mischt sich eine bluesrockige Leadgiitarre dazu. Ab der Songmitte gibt es kein Halten mehr: alle Instrumente haben sich miteinander in einen Rausch gesteigert, so daß der Song bis zum Ende instrumental bluesrockig funky abzieht. Für diese Musikrichtung schon bald eine gewagte Orgie. Geil! Bei Junkie Doll (Track #11) geht es gelassener, bluesiger zu. Die Lyrics beschreiben das Leben eines Drogenabhängigen: ein bißchen hiervon zum Aufpeppeln, dann wieder was anderes zum Runterkommen. Passend zum Text lebt der Song mal auf, mal kommt er wieder runter. Die Sands Of Nevada (Track #12) schlagen noch einmal deutlich aus der Art. Synthesizerklänge rauschen im Hintergrund, bevor eine Nylongitarre verhalten das schön versteckte 6/8 Picking bringt, Knopfler singt weich in tiefer Lage. Immer wieder kommen ruhige Synthesizerflächen, durchzogen von wenigen Streicher- oder Gitarrentönen. Der Song zieht sich über seine vier Minuten komplett ruhig und getragen, bis er in einem choralen Moll-Akkord auskling. Das Ende bringt One More Matinee (Track #13), nicht wirklich flott, aber merklich lebhafter als der Vorsong, auch wenn das Arrangement rudimentär einfach bleibt. Der Text hat etwas Melancholisches, doch zugleich einen bittersüßen Augenzwinkerer. Wie heißt es so schön: "Something’s going to happen to make your whole life better, your whole life better one day". Nach diesem Album ist so ein Zuspruch eigentlich nicht notwendig - ist aber ein schöner Abschluß nach der teilweise tragischen, teilweise lebhaften musikalischen Reise, die der Hörer hinter sich hat. Wunderbare ruhige Musik zwischen Pop, Folk, Country und Blues.
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