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Korn : Alben

    Dies ist nur ein Auszug der kompletten Kornographie. Vollständige Werkschau bei Interesse bitte über die offiziellen Links einholen!

Untitled
Typ1 CD / Studio
Jahr2007
LabelVirgin Usa (EMI)
Songs
  1. Intro
  2. Staring Over
  3. Bitch We Git A Problem
  4. Evolution
  5. Hold On
  6. Kiss
  7. Do What They Say
  8. Ever Be
  9. Love And Luxury
  10. Innocent Bystander

Untouchables
Typ1 CD / Studio
Jahr2002
LabelEpic
Songs
  1. Here To Stay
  2. Make Believe
  3. Blame
  4. Hollow Life
  5. Bottled Up Inside
  6. Thoughtless
  7. Hating
  8. One More Time
  9. Alone I Break
  10. Embrace
  11. Beat It Upright
  12. Wake Up Hate
  13. I'm Hiding
  14. No One's There
    Meine letzte Korn-Erfahrung, die mich nach dem Vorgänger Issues (s.u.) positiv überrascht hat. Ein merklicher Hauch von Mainstream weht den Körnchen um die Ohren, hat - meinem Geschmack nach! - der Combo sehr gut getan. Die Endzeit-Epen im Einzelnen:

    Here To Say (Track #1) eröffnet in gewohnt dunklem Grummeln und markigen Drums, das Tempo läßt keine Langeweile aufkommen. Im Chorus gibt es so etwas wie eine melodische Hookline, ja, wirklich! *grins* Die unterlegten Zweitstimmen sind ein wenig schräg (nicht schief!), füllen das Panorama gut auf. Nach der Hälfte bekommen wir einen extravaganten und rhythmisch wunderbar eingepassten B-Teil, bevor es zum Kreisschluß zu den anfänglichen Thematiken zurückgeht. Ein gelungener Opener, der Lust auf mehr macht!
    Die Dominanz in Make Believe (Track #2) übernehmen nach kurzem Synthsizer-Psychedelo-Intro die multiplen Stimmen, die mit den feinen Drums einsetzen. Der Song durchläuft mehrere Spannungskurven, hat schöne Basseinlagen, wird im Ganzen durch die Synthi-Lines und den ein wenig leiernden Gesang auf seine ursprüngliche Linie zurückgebracht.
    Blame (Track #3) geht mit schmierig verzerrten Distortiongitarren los, auch wenn es in den Strophen seichter wird, behält er gut Fahrt bei, die Rhythmusarbeit ist toll. Eine weitläufige Bridge belebt das Songbild zusätzlich, so daß auch diese Nummer sehr kurzweilig wirkt.
    Hollow Life (Track #4) beginnt mit hohen Engelsstimmen aus dem Synthesizer, zu denen sich nach und nach Bass und Drums gesellen. Der Titel bleibt getragen, viele Stimmen schwimmen melodisch über einander, choral und mächtig schleppt das Klangpanorama den Hörer mit.
    Bei Bottled Up Inside (Track #5) grollt es düster über gestauten Hass im Einmachglas der Seele. Kleinere Rhythmuswechsel beleben den Song, und irgendwo in der Mitte meint man eine kleine Zeitreise zurück zum Drogengnom der Scheibe Life Is A Peachy (s.u.) zu erleben.
    Mein Lieblingstitel ist Toughtless (Track #6). Eigentlich ist der Song für Korn-Verhältnisse beinahe schon mainstream-verseucht! In mittlerem Tempo stampft der Titel los, hält sich an klare harmonische Richtlinien, das psychedelische Element wird auf ein Minimum beschränkt. Und im Chorus gibt es eine echoartig verschachtelte, mehrstimmige Hookline. Nach einer sanften Bridge zu Beginn des letzten Songdrittels baut sich über ein klassisches Crescendo der Showdown auf. Dazu gibt es Lyrics mit Kampfeswille gegen die eigene Unterdrückung. Ein charismatischer und druckvoller Treiber, der sicher so manchen Hardcore-Korner angewidert die Augen verdrehen läßt. Ich find ihn einfach klasse.

    Hating (Track #7) ist mit fünf Minuten zehn der längste Song der Scheibe, wobei alle eng bei einander liegen. Man gönnt sich ein gutes Intro, das Tempo bleibt eher unterdurchschnittlich, wabernde Synthesizerthemen streuen immer wieder ein. Der Bridgepart schlägt stimmungsmäßig aus der Art, das Songkonzept geht in dieser Länge gut auf.
    One More Time (Track #8) kriecht unberechenbar los, der Gesang der Strophe ist absichtlich parataktisch aufs Metrum gepflastert, im Chorus stößt ein rockiger Touch ins Ensemble. Die Bridge hat einen Schwerpunkt auf Synthesizerflächen, bringt eine schön schräge Rückkehr zum Songende.
    Mal ganz anders klingt Alone I Break (Track #9). Über das anfängliche (und sehr trockene) Gitarrenlick legt sich ein dumpfes Schlagzeug mit Tendenzen zum Industrial. Irgendwann kommen klare Gitarren dazu, Synthesizerarpeggios, wie man sie von Depeche Mode kennt, füllen. Die Lyrics sind ein wenig nachdenklich, so heißt es zum Chorusende "All this shit I seem to take, all alone I seem to break. I have lived the best I can, does this make me not a man?" Der Titel bleibt im Grunde melodisch, ruhig, ist eine willkommene Abwechslung und ein gelungenes Reinschnuppern der Band in angrenzende Genres.
    Embrace (Track #10) grollt abgehackt in alter Terrormanier, daß dem Gothicfan das Herz aufgehen muß - Verzeihung: Satan die blutende Seele entreißt *grins*. In seiner Rhythmusstruktur ist er aber ein guter Ausflug in die musikalische Nacht ohne Morgen.
    Dankbar grollt Beat It Upright (Track #11) in ähnlichem Tenor weiter, entwickelt sich noch ein wenig dynamischer und kräftiger. Düster effektentfremdete Sprechpassagen menetekeln in der Strophe, im Chorus legen sich mehrere Stimmen in derselben Melodie übereinander, und abermals hören wir den Drogengnom in der Bridge seine Weisheiten in nichtmenschlicher Sprache einwerfen. Dieser Titel ist klanglich sehr dicht gepackt und komplex.
    Wake Up Hate (Track #12) ist mit etwas mehr als drei Minuten der kürzeste Albentitel. Zunächst zeigt er sich im Industrial-Gewand, der kraftvolle Rapcore ist eine erneute Ode an die metrisch verschobene Parataxe. Gerade wähnt man sich im Song angekommen, springt der komplette Mittelteil in andere Schemen. Erst am Ende gibt es den schiebenden Rapcore wieder zu hören. Ein einfallsreicher Song, der erneut blumenumsäumte Trampelpfade neben dem normalen Wanderweg zum Orcus weist. Kurz - und sehr gut!
    I'm Hiding (Track #13) ist wieder dünn und zaghaft. Über einen modernen Beat schlängeln sich die sägenden Gitarren und Synthiklänge. Wenn der Chorus auflebt, hört er sich zwar voller an, hat allerdings eine fast quälende Schwere, schleppt irgendwie nach, daß man schon schieben helfen möchte. Kein unbedingtes Highlight, hat aber seine charismatischen Nuancen.
    Der Abschluß No One's There (Track #14) startet basslastig, bekommt einen ähnlichen Tempohänger wie der Vorsong, kriecht wieder (gefühlt) zu träge, ist an einigen Stellen aber bombastisch dicht arrangiert. Letztlich kriecht das Beast also durch seine Einsamkeit, um sich in einer dunklen Höhle für das nächste Erscheinen vorzubereiten. Dieser Song ist kein Cliffhanger, aber ein passender Ausstieg aus dem Album.

    Nach der für mich enttäuschenden Issues (s.u.) war diese Platte - ich habe keine Ahnung mehr, wie ich zum Testhören und Kaufen kam - eine nette Überraschung. Ich ordne sie nicht so innovativ ein wie die Life Is A Peachy (s.u.), bereits erwähnt: irgendwie ist eine dicke Portion Mainstream dabei. Ich finde diese Einflüsse gut verpackt, denn es bleibt genügend Korn dabei, und bei diesem Werk hatte ich nicht das Gefühl, daß zum reinen Kohlemachen wenig Inhalt hoffnungslos aufgeschäumt wurde. Viel ohrgängiger Stuff gesellt sich zu Experimentierfreudigkeit und der gewohnten ureigenen Düsternis der Band.

    Ein versöhnliches Werk in grundsolider Produktion!

Issues
Typ1 CD / Studio
Jahr1999
LabelEpic
Songs
  1. Dead
  2. Falling Away From Me
  3. Trash
  4. 4 U
  5. Beg For Me
  6. Make Me Bad
  7. It's Gonna Go Away
  8. Wake Up
  9. Am I Going Crazy
  10. Hey Daddy
  11. Somebody Someone
  12. No Way
  13. Let's Get This Party Started
  14. Wish You Could Be Me
  15. Counting
  16. Dirty
    Der Beginn einer "ruhigeren" Phase, im Maßstab vorheriger Werke gemessen zumindest. Wo die Wüstheit ein wenig abklingt, bleibt die saubere musikalische Arbeit in vollem Umfang erhalten - und selbstredend die Düsternis bizarrer Klangwelten und Textorgien. Der Albentitel bringt kurz - aber treffend - in medias res. Denn Issues könnte man am besten mit "Streitpunkten" übersetzen.

    Mit Opener Dead (Track #1) bekommen wir wieder einen komprimierten (nur eine gute Minute) Einstieg in das musikalisch entrückte Leben der Band. Zu den schlichten Drums gibt es einen Dudelsack. Darüber wird mehrstimmig dünn und quäkig (als würde das Dudelsackgequietsche nicht schon reichen!) der Text gesungen. "Ich will doch nur glücklich sein, wundere mich aber, wie beschissen das Leben laufen kann. Mit jedem Schritt, den ich voran mache, fühle ich mich dem Tod näher" heißt es da. Na, das sind ja feine Aussichten.
    Falling Away From Me (Track #2) dreht nun nicht gleich voll auf. Schwermütig kriecht er in depressiver Tristesse vor sich hin. Der Text dreht sich um den "flirt with suicide", der ab und zu ja, so die Lyrics, ganz okay sei. Ohne wirklichen Terror zieht sich das seelische Auseinanderfallen viereinhalb Minuten hin.
    Trash (Track #3) wird ein wenig dynamischer. Das lyrische Ich berichtet, daß es immer wieder fasziniert ist, wie die Zuneigung der Frauen auf es (ihn) wirken. Da es selbst jedoch nur Haß in sich kennt, spielt es eine Weile mit den Frauen, wirft sie anschliessend weg, womit wir den Songtitel erklärt hätten: menschliche Emotion als Wegwerfprodukt. Der Song marschiert ohne Sprünge nach oben oder unten seine grade Richtung durch. Schön gemacht ist die Strophensektion: in leichtem Sprechgesang kommen die Texte der Erststimme. Darüber arbeitet jedoch eine höhere Zweitstimme, die den schizophrenen Charakter des Titel untermalt.
    Der Übergang zu 4 U (Track #4) ist gebunden, impliziert also eine Zusammengehörigkeit. Dieser Titel ist wieder ein gut eineinhalbminütiger Einwurf, kein vollwertiger Song. Über die düsteren Synthesizer entwickelt sich sowas wie glatte Harmonie. Da es bei zwei Moll-Akkorden im steten Wechsel und zwiegespaltenen Vocals bleibt, will die Romantik sich nicht bis zur Gänze entfalten, obwohl Songtitel und Musik die Anstrengung dahin spüren lassen.
    Beg For Me (Track #5) trommelt in militärischem Stil an, wird wieder grollend und düster. Der Text behandelt einen Menschen, der es zwar nicht aus dem Bett schafft, die Besorgnis der Mitmenschen sieht, sich selbst jedoch nicht als krank erkennen will. Die Instrumentallinie und Gesang hängen irgendwo zwischen Wut und Verzweiflung, zu wüst wird der Titel nicht.
    Make Me Bad (Track #6) ist ein Dialog, der mit einer kritischen Selbstreflexion beginnt. Das textliche Ich erkennt zwar seine Probleme, sieht die einzige Erlösung jedoch darin, noch Schlechteres in anderen zu finden. Der Song ist psychedelisch kriechend, in Intro und Chorus bekommen wir Percussions zu hören, die am ehesten an eine Voodoo-Zeremonie erinnern.
    It's Gonna Go Away (Track #7) wird zu einem eineinhalbminütigen Geröchel-Einwurf. Schleppende Drums trotten, ein harmonisch bizarr verschobener Streicher fidelt aufs linke Ohr, die mal gestöhnten, mal geflüsterten Stimmen schlagen wirr von allen Seiten auf einen ein.
    Das böse Erwachen bringt Wake Up (Track #8), das mit treibenden Drums, tiefem Saitengrummeln (von Bass wie Gitarre) und gedrücktem Rufen im Hintergrund losgeht. Zum ersten Strophensatz dünnt das Arrangement stark aus, wird beinahe zart. Erst zum Chorus kehrt das mehrmalige "Wake the fuck up!" mit vollem Ensemble zurück. Ob dieser Song zur Mitte ein deutlicher Warnruf an sich selbst (das ewig leidende lyrische Ich) oder den Zuhörer werden soll, bleibt offen. Der Text läßt eine breite Interpretationsfront.

    Am I Going Crazy (Track #9) ist wieder eine einminütige Zeremonie, das Arrangemet bleit dünn und (wen wunderts?!) psychedelisch. Eine ganz nette Spielerei verbirgt sich in den übereinanderlaufenden Gesangslinien: eine davon läuft (wenigstens streckenweise) rückwärts. Eine klangliche Erfahrung, wenn auch nicht wirklich sooo neu.
    Hey Daddy (Track #10) schiebt rhythmisch gut. Wider Erwarten geht es nicht etwa um den bösen Vater, der sich an seinem Nachwuchs vergeht. Es ist der Hilferuf eines Kindes, das sich von bösen Dämonen umgeben und besessen fühlt. Dieses hilfesuchende Handausstrecken bildet musikalisch und textlich einen klitzekleinen Lichtblick im Dunkel. Aber, hey, wollen wir's nicht zu sehr besingen! Denn, ob der zögernde Daddy am Ende helfen kann und will, bleibt zunächst zum Songende ungeschrieben.
    Und Somebody Someone (Track #11) geht natlos mit derselben instrumentalen Phrase weiter. Wir bekommen einen Perspektivwechsel zum eben noch um Hilfe angeflehten Daddy. Sollte gar ein Happy End kommen? Um Himmels Willen (oder wessen sonst), nein! Denn Daddy fühlt sich überfordert, rettet sich in Wut und Vorwürfe: er gebe doch andauernd, nie sei es genug. Also nichts von Happy End, das undankbare Göhr muß selbst zusehen, wie es zurechtkommt. Stilecht wird diese Korn-Episode in düsterstem Grollen abgehandelt.
    In No Way (Track #12) bekommen wir jemanden zu Ohr, der so ziemlich jede böse Überraschung des Lebens selbst erfahren hat. Natürlich stauen sich Verzweiflung, Wut und Aggressionen. Der Wille zum Aufgeben ist nicht da, also bleibt als einzige Alternative die geistesgestörte Selbstübersteigerung zum Gott. Textlich und musikalisch bleibt zum Schluss mal wieder alles unbeantwortet.
    Auch Let's Get This Party Started (Track #13) ist textlich sehr schwammig. Aus seinem Hauptsegment lese ich die neidvolle Bewunderung eines anderen Menschen, der mit dem Leben scheinbar besser zurechtkommt. Sei's drum. Der Titel ist instrumental mal wieder gut konzipiert. Die Rhythmusarbeit der Strophen ist tricky, der Druck im Chorus ist gut angepasst, alle Songelemente werden durch hervorragend bindende Bridges gebunden.
    Wish You Could Be Me (Track #14) wird zum letzten einminütigen Einwurf, der endlich einmal wieder lustig ist! Die Drums klöppeln gelangweilt vor sich hin, während die Vocals einen Knittelvers durchziehen, der von Kindergartenkindern stammen könnte. Die wenigen begleitenden Instrumente greifen die "Melodie" mit auf, vervollkommenen den Eindruck des absoluten Kindergarten-Theaters. Wirklich, wirklich nett gemacht.
    Zu vorletzt wird bei Counting (Track #15) gezählt, und zwar die Missetaten eines nicht näher definierten Mitmenschen. Will man es gutmütig beschreiben, könnte man feststellen: der Song stampft in der lauernden Monotonie, die er vermitteln soll. Überraschende Wendungen sucht man jedenfalls vergebens.
    Längster Titel ist der Abschluß Dirty (Track #16), der es beinahe auf acht Minuten bringt. Er bringt ein wenig mehr Atmosphäre mit, hat merkliche Spannungskurven, textlich wird ein wenig flucht, ein wenig gehofft, und dann wird der Hörer mit einem "I just wanna laugh again..." und vier Minuten Dauerrauschen in die Stille (den Frieden?) entlassen.

    Nun, Korn sind so oder so eine Sache für sich. Oft kann ich mir das düstere Dauergegrolle nicht geben. Von den drei Platten, die ich besitze, gefällt mir diese am wenigsten. Zwar ist seine Charakteristik nicht weit von den anderen beiden weg, aber mir fehlen die musikalischen Überraschungen, die Wendungen, die schönen Passagen. So nett Riffs oder die kleinen Intermezzi sind, es wird für meinen Geschmack deutlich übertrieben. Die Texte bewegen sich alle in einem undefinierbar weiten Raum, taugen zu allem, jedoch nichts Speziellem. Auf mich macht das Werk den Eindruck, als wären ein paar Ideen in Hoffnung auf ein neues Album in die Länge gezogen. Und wo keine Idee ist, wird platt mit Klischees gespielt.

    Ein für mich emotional und musikalisch unzugängliches Album.

Live Is A Peachy
Typ1 CD / Studio
Jahr1996
LabelEpic
Songs
  1. Twist
  2. Chi
  3. Lost
  4. Swallow
  5. Porno Creep
  6. Good God
  7. Mr.Rogers
  8. K@#0%!
  9. No Place To Hide
  10. Wicked
  11. A.D.I.D.A.S.
  12. Low Rider
  13. Ass Itch
  14. Kill You
    Hier meint man es ernst. Wer einen musikalisch hochwertigen Emotionsfilter braucht, ist mit diesem Album gut beraten. Nebenher geben die sarkastisch-zynischen und bissigen Text immer wieder Anlaß zum bitteren Lächeln oder verständnisvollen Nicken (wer da mit einsteigt, kennt zumindest das Gefühl, wenn einem im Leben nicht andauernd die Sonne aus dem Gesäß strahlt)...
    Dabei verheisst der Albentitel erstmal kaum Böses; der "peach" ist der Pfirsich, ein leckeres Früchtchen. Umgangssprachlich bezeichnet man im Englischen damit auch eine gutaussehende jüngere Dame (ich möchte hier fäkalsprachliche Ausdrücke wie "Fickschlitten" des Anstands wegen vermeiden! *grins*). Das triste Bild über dem Albentitel will dazu irgendwie gar nicht so recht passen. Nun, was bietet uns das Werk musikalisch?

    Nicht wirklich heiter zieht Opener Twist (Track #1) ein. Was Frontmann Jonathan Davis zunächst aus seinem Stimmorgan zaubert, entstammt mit Sicherheit keiner menschlichen Sprache, hört sich an wie ein Gnom auf miesem Drogentrip. Die dicken Drums, der polternd düstere Bass und eine atonal sägende Gitarre machen mit. Das einzig menschliche Wort (das auch in den Lyrics des Booklets steht) ist ein mehrfach wiederholtes "Twist", das sich zwar noch zerrissen und leidend anhört, aber als einziges klanglich einen humanen Touch bringt. Ein unheilsschwangeres Intro von fünfundvierzig Sekunden.
    Chi (Track #2) bleibt unkritisch bei dieser Gemütslage. Erstmal wird ein "Pain!" gegrunzt. In den Strophen hält sich der Song bedeckt, ist rhythmisch gut gestrickt, hat einige Breaks und Abkühlstellen. Im Chorus bricht es ungezügelt los.
    Das anschliessende Lost (Track #3) arbeitet ähnlich. Markant wird hier das schizophrene Ineinandergreifen getrennter Gesangslinien im Chorus, die mal gegeneinander anwüten, dann wieder parallel übereinander laufen. Letztlich bleibt es Geschmacks- oder Interpretationsfrage des Hörers, ob das lyrische Ich des Textes einem schwindenden Freund hinterherruft - oder nur ein Stück mehr Verstand verloren geht und sich die Ichs eines Geistes von einander wegbewegen.
    In Swallow (Track #4) kommt ein Stück der Selbsterkenntnis; das lyrische Ich bezeichnet sich selbst als "Freak", doch die Art, auf die die innere Paranoia bekämpft werden soll, ist zweifelshaft: viehischer Sex. Die instrumentale Linie verspricht hierbei jedenfalls keine Spur von Romantik!
    Porno Creep (Track #5) scheint die logische Konsequenz des Vorsongs. Ein zweiminütiger Psychedelo-Instrumentalakt mit Schräpelgitarren und abgehackter (aber schön konstruierter) Rhythmusstruktur. Irgendwo im Hintergrund wird ein geistesabwesendes und kaum verständliches "Pleasant things I feel..." gesummt.

    Ob Good God (Track #6) ein metaphysisches Gespräch mit einem Gott ist - oder doch nur das Resümee eines, naja, ich nenne es mal "Liebesakts", sei jeder freien Auslegung überlassen. Der Titel bringt jedenfalls wieder ordentlich Dampf im Chorus.
    Bei Mr.Rogers (Track #7) wird es jedenfalls so richtig unappetitlich. Denn es geht um den älteren Herrn aus der Nachbarschaft, der sich sehr liebevoll um die kleinen Jungs kümmert. Auf dem rasenden Höhepunkt wiederholt sich ein "My childhood is gone" zwischen Wut und Trauer. Der beklemmende Titel endet in schmerzerfülltem Seufzen.
    K@#0%! (Track #8) ist - nicht nur von der Nomenklatur her - die Totalentgleisung. Knappe drei Minuten wird über eine Frau, ihre problematischen Intimzonen und sexuellen Vorlieben gewütet. Wenn auf diesem Album gelegentlich das ein oder andere unanständige Bild gezeichnet wird: dieser Titel ist das Reindestillat versauter Lyrics, für das alleine drei Alben den Parental Advisory kriegen müßten. Nein, nein, die armen US-Kids *grins*. Die instrumentale Linie ist eher ein - Entschuldigung! - Trockenfick. Drums und Bass sind sehr holzig, die Gitarren sägen eigentlich nur. Der Rhythmusbau vom Chorus geht aber wahnsinnig gut zu Ohr.
    No Place To Hide (Track #9) verläßt diesen verdorbenen Sektor. Ein feines Beckenintro gibt den restlichen Instrumenten den Takt an, und es wird mal wieder markig gerifft. Die textliche Quintessenz ist: wenn ich schon keinen Ort zum Flüchten habe, solltest du nicht noch böse Scherze mit mir treiben. Neben dem beklemmenden Gefühl des In-der-Ecke-stehens merkt man deutlich die ernst gemeinte Warnung an den Späßchentreiber.

    Wicked (Track #10) sucht sich nun musikalisch sein eigenes Eckchen. Man mischt ein wenig HipHop-Beats mit schräpelnden Gitarren und battled mehrstimmig die Shouts durcheinander. Im Chorus gibt uns Jonathan Davis eine kleine Anknüpfung an den anfänglichen Drogengnom - auch wenn hier angeblich menschliche Texte präsentiert werden! Hmmmm...
    A.D.I.D.A.S. (Track #11). Äh, ja. Also, der Text sagt: ich kenne zwar deinen Namen nicht, aber laß es uns treiben. Tag und Nacht träume ich von Sex. Englisch: [A]ll [D]ay [I] [D]ream [A]bout [S]ex. Zumindest den Songtitel hätten wir so schlüssig erklärt. Das Riffing ist stellenweise genial. Vielleicht hört man sich diesen Song einmal an, ohne über Inhalt und Titel nachzugrübeln!
    Low Rider (Track #12) ist (mal wieder) Pill-Out. Der Text des knapp einminütigen Intermezzos: Scheiße, all meine Kumpels fahren tiefergelegte Karren! Hier wird ausnahmsweise nicht gegrunzt, sondern in normaler, sonorer Stimme gesprochen. Was einfach genial ist: Metrum und Rhythmik. Bass, Drums und die staubtrockenen Gitarrenriffs hauen in übelst-geilen Akzenten. Als Melodieinstrument hat man sich für einen Dudelsack entschieden. Na, wieso auch nicht?!
    Ass Itch (Track #13) scheint nochmal einen Hauch Selbstreflexion zu bieten. Über das psychedelische und schnelle Songgerüst kommen Textzeilen wie: "ich hasse es, all diesen Mist schreiben zu müssen. Bin ich heute depressiv?" Es steht die schmerzvolle Prozedur des Songwritings im Mittelpunkt, die am Ende mit der Geburt eines Kindes verglichen wird, bei der auch noch der (oder die?) Gebärende ablebt. Den Songabschluß bringen sphärische Schräddeltöne auf einem hallunterlegten Bass, die irgendwo zwischen Walgesang und Monsterruf stecken.
    Ein dickes Ende mit Kill You (Track #14)? Zeitlich eindeutig: mit über achteinhalb Minuten der deutlich längste Track des Albums. Inhaltlich: nur bedingt. Es wird noch einmal geholzt, trocken abgeshoutet. Aber der eigentliche Song verläuft sich über ein paar Basstöne und gestöhnte Texte nach fünf Minuten. Dann ist erstmal drei Minuten gar nichts. Erholung. Und die letzte Minute geht alles von vorne los! Der Drogengnom schreit wieder irre, ein "Twist, twist" wird abermals gesprochen. Nur ganz im Hintergrund hört man Klangschmutz. Die Ansage zu diesem Outro vermittelt den Eindruck, als handle es sich um einen Out-Take aus der Gesangskabine, so wir ihn von Filmen kennen. Und zur Beruhigung: nein, es geht nicht einfach wieder von vorne los. Denn im Gegensatz zum Intro des Albums hat das letzte "Twist" nur noch einen erinnernden und endgültigen Tonfall, will uns nochmals darauf hinweisen, uns die Orgie aber nicht direkt wieder aufzwingen.

    Diese Scheibe, von vielen als das Meisterwerk der Band bezeichnet, macht wahrlich keine gute Laune. Oft sitzt einem der emotionale Kloß tief im Hals. Aber Korn hauen einem die Emotionen von Beklemmung, Verzweiflung, Ratlosigkeit und Aggression derart gekonnt und unerwartet wechselnd um die Ohren, daß es wieder richtig Spaß macht, sich das Werk ab und an reinzuziehen. Bei der richtigen Stimmung kann die Platte sogar so wirken, daß man dem Drogengnom von Anfang und Ende mehr Mitleid entgegenbringt als Verachtung und Unverständnis. Nichts zum Nebenhergeniessen, aber ein emotional fesselndes Album.

    Musikalisches Genie und Wahnsinn in enger Umarmung!

Korn
Typ1 CD / Studio
Jahr1994
LabelEpic
Songs
  1. Blind
  2. Ball Tongue
  3. Need To
  4. Clown
  5. Divine
  6. Faget
  7. Shoots And Ladders
  8. Predictable
  9. Fake
  10. Lies
  11. Helmet In The Bush
  12. Daddy
  13. No Title