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Amorphis : Alben

Es gibt weitere ältere Studioalben und DVDs von dieser Band. Vollständige Diskographie bitte den offiziellen Links entnehmen!

The Beginning Of Time
Typ1 CD / Studio
Jahr27.05.2011
LabelNuclear Blast (Warner)
Songs
  1. Battle For Light
  2. Mermaid
  3. My Enemy
  4. You I Need
  5. Song Of The Sage
  6. Three Words
  7. Reformation
  8. Soothsayer
  9. On A Stranded Shore
  10. Escape
  11. Crack In A Stone
  12. Beginning Of Time
  13. Heart's Song (Bonus-Track)

Skyforger
Typ1 CD / Studio
Jahr2009
LabelNuclear Blast (Warner)
Songs
  1. Sampo
  2. Silver Bride
  3. From The Heaven Of My Heart
  4. Sky Is Mine
  5. Majestic Beast
  6. My Sun
  7. Highest Star
  8. Skyforger
  9. Course Of Fate
  10. From Earth I Rose
  11. Godlike Machine (Bonustrack)
    Mit bleibendem Line-Up, ein Novum über so lange Zeit für diese Band, und den etablierten Bestandteilen aus Folk, melodischem Progressive und gelegentlichen Spuren von Death Metal gehen Amorphis also im Frühsommer 2009 zum dritten Mal an den Start.
    Dabei sei hier Interessierten und Kaufwilligen gleich eine Warnung untergeschoben: denn bei der Produktion dieser Skyforger mit dem aus der Erde gen Himmel durchstartenden Bäumchen auf dem Cover ist beim Mastering ein schlimmer Fauxpas passiert. In der ersten Auflage brach die Lautstärke zu Beginn des Albums auf einen Bruchteil zusammen, kommt in dieser Fassung auch bis zum Ende nicht wieder auf den gewünschten anfänglichen Pegel zurück. Besonders ist also Vorsicht beim Kauf gebrauchter Platten geboten! Als ich mir diese Scheibe im späteren Sommer zulegte, waren bereits fehlerbereinigte Fassungen in den Läden, die durch einen Aufkleber auf dem Cover explizit darauf hinwiesen. Im Zweifel auf jeden Fall testhören, denn wer will schon einen ärgerlichen Wechsel im Pegel jedesmal beim Hören der Platte. Nun aber zum (in meinem Fall fehlerfreien) Stuff...

    Sampo (Track #1) setzt den Trend der letzten zwei Albenopener fort. Aus einer guten Balance von Pianomelodien, riffenden Gitarren und mittelkräftigem Gesang geht es munter los. In der Mitte kühlt der Sechsminüter, übrigens schon längster Song der Platte, noch ein wenig aus, bevor ein kompakter Showdown inklusive düsterer Growls wartet. In nahtlosem Übergang geht er über in den ohrwurmverdächtigen...
    Silver Bride (Track #2). Eigentlich eine schöne Ballade und zwischen all den noch folgenden tollen Songs definitiv einer meiner Lieblinge! In den Lyrics versucht jemand vergeblich, seine zuvor ermordete Braut mit Hilfe von Silber, Gold und vereinten keltischen Mythenkräften aus Nordsommernächten und Wintermond im Feuer schmiedend wieder zum Leben zu erwecken. Zu diesem Song, der im Rahmen der Albenveröffentlichung auch als Single ausgekoppelt wurde, wurde ein Video produziert (s.u.), ein Reinsehen in den bildstarken Clip lohnt! Für eine Ballade langen die Brüder von Amorphis jedenfalls ganz ordentlich zu, überraschenderweise schlägt das Ende mit Tonartwechsel und einsetzenden Growls noch einmal um. Lahmarschigkeit und handelsüblicher Balladentrott klingen anders, eine der schönsten Metal-Balladen, die ich je gehört habe - was für ein großartiger und charismatischer Song!
Gleich reinhören und -sehen? Den Clip gibt es bei YouTube:
Amorphis - Silver Bride
    From The Heaven Of My Heart (Track #3) ist zu Beginn ein richtiger Schmachtfetzen in einem gedehnten Intro aus Klavier und klaren Westerngitarren. Die verzerrten Gitarren übernehmen Melodie und das Midtempo, mit einigen auflebenden Momenten fliesst der Song angenehm seines sanften Weges, besonders Sänger Tomi Joutsen zeigt sich von seiner gefühlvollen Seite.
    Sky Is Mine (Track #4) hat noch eine anfängliche Synthifläche, ist aber quirlig und lebendig rockig. Besonders schön ist die fast lückenlos durchgehende Leadgitarre, die zwischen den ruhigeren Strophen und dem voluminösen Chorus bindet, immer wiederkehrt. Ein gekonnter Solo- und Bridgeteil in der Songmitte bringen weitere Abwechslung, bevor der Titel nach einem letzten Aufleben langsam in sich zusammensinkt. Speziell nach den zwei ruhigeren Songs eine wunderbar passende Steigerung der Fahrt ohne zu heftigen Umbruch der Stimmung.
    Majestic Beast (Track #5) schließlich bringt exakt das, was man bei dem Titel vermutet. Sein Anfang ist extrem düster, wuchtig und - ja - majestätisch. Bei den Growls darf Frontmann Joutsen einmal so richtig tief in den Abgründen der menschlichen Stimme graben. Aber selbst in diesem druckvollsten Titel der Platte bringen Amorphis in vielen Teilen melodische Hooklines unter, die in der gewollten Schwärze des Songs umso leuchtendere Farbkleckse werden. Wer nach schillerndster Schönheit in unmenschlichen Abgründen suchen will, der muß hier abtauchen ("beim Testhören nicht auslassen" hätte es an dieser Stelle vielleicht auch getan *grins*). Extrem großes Folk-Death-Progressive-Theater!!!
    My Sun (Track #6) klingt vom Songtitel nicht grundlos wesentlich friedfertiger. Er spielt piano- und melodiebetont sehr eben, ist eine abermals passend gewählte Abkühlung nach dem Vorsong. Auch wenn er sehr andächtig und gefühlvoll ist, ist er klanglich oft dicht arrangiert und springt an vielen Stellen zwischen Stimmungen und Tonarten.
    Highest Star (Track #7) klingt mit klaren Gitarren und besinnlichen Flötentönen an, bringt wieder eine dicke Portion Finnen-Folk mit. Wer meint, nach dem brückebildenden Vorsong lückenlos in folkloristische Ruhe gebettet zu werden, wird sich - einmal mehr - spätestens zum ersten Chorus getäuscht sehen. Nach und nach baut der Song Kraft auf, auch wenn die seichten Anfänge nochmals wiederkehren. Letztlich wird aus ihm ein schmissiger Folk-Rocker, der auf einmal unerwartet abrupt zuende ist.
    Der Titelsong Skyforger (Track #8) arbeitet ähnlich. Die erste Minute geht es mit wohlklingenden Klavierläufen, klassischer Nylongitarre und keltischen Flöten sehr verträumt zu. Hier ist der Songanfang jedoch abgegrenzt, denn das liebliche Intro endet hörbar, bevor der richtige Song losgeht. Er ist treibend und stampfend rockig, in weiten Teilen wuchtig. Besonders der energiegeladene Gesang, auf allzu düsteres Grunzen wird bis auf eine kurze Phase gegen Ende verzichtet, statt dessen mit mehrstimmigen Vocals - auch eine weibliche Hintergrundsängerin ist wieder mit dabei - Volumen aufgebaut, trägt maßgeblich dazu bei. Ein besonderes Instrumentenhighlight hält die Band für den Titelsong ausserdem in der Hinterhand: im Mittelteil soliert kurz ein Bläser (Fagott oder Oboe). Dieser Song ist nicht einmal ein merklicher Überflieger, wird mit seinem Spannungsbogen und melancholisch-energischen Stil aber seiner Funktion als Aushängeschild für die Platte durchaus gerecht.
    Course Of Fate (Track #9) klingt zwar wieder mit einer klaren Akustikgitarre an, an ihrer Seite läuft jedoch von Anfang an eine verzerrte Leadgitarre mit. Dieser Song ist epochal groovend, jedoch viel gradliniger und in seinem hardrockigen Stil konstanter als der Titeltrack zuvor.
    From Earth I Rose (Track #10) bringt als ursprünglich letzter Song der Platte in fünf Minuten einen guten Zusammenschnitt aller Stile. Zu Beginn wird nach Herzenslaune flott gerockt und gegrowlt, daß es eine wahre Wonne ist. Erst später stellen sich abermals folkliristische Instrumentalisierung und Klänge ein. Besonders gedehnt ist hier der instrumentale Ausklang, der nach druckvollem Gesang beinahe über die komplette zweite Songhälfte reihum und in fliessendem Wechsel alle Instrumente miteinander solieren und tanzen lässt. Über Pickings einer übrigbleibenden klaren Westernklampfe tröpfelt dieser regulär letzte Song gemächlich aus.
    Der Bonustrack Godlike Machine (Track #11) klingt ebenfalls extrem ohrgängig, melodisch und folkig. Er ist im Vergleich zum sonstigen letzten Song aber vor allem gegen Ende noch einmal sehr ruppig, greift zum Schluß noch einmal tief in die Terrorkiste mit knüppelharten Drums, präzisen Riffings und bitterbösen Growls. Er endet in laufendem Gewüte überraschend und punktgenau. Ein Bonustrack, den ich immer wieder gerne höre. Für das Gesamtbild der Scheibe ist es sicher auch zu verschmerzen, wenn man eine Albenversion ohne ihn gekauft haben sollte...

    Ich habe mir dieses Album von Amorphis zusammen mit den zwei Vorgängern beinahe zeitgleich zugelegt. Unüberhörbar und zu meinem großen Leidwesen - vielleicht ist es beim Studieren der Rezension(en) aufgefallen - ist die Vielfalt der gebotenen Musik kaum in Worte zu fassen. Diese unglaubliche Vielfalt an Melodien und Stimmungswechseln zwischen den Stilrichtungen zu beschreiben ist wirklich nicht leicht. Interessierte sollten auf jeden Fall einem in Web ein paar Hörproben einholen!
    Auch wenn diese drei Alben alle über die ähnlichen Stilistika verfügen (was übrigens treibender Grund für mich war, sie mir auch alle gleich zu kaufen!) unterscheiden sie sich doch zu einander ein wenig. Die erste Scheibe Eclipse (s.u.) war ein sehr druckvoller und abwechslungsreicher Einstand der Band Amorphis unter diesem Line-Up. Die darauffolgende Silent Waters (s.u.) ist deutlich ebener und ruhiger, enger an ihre inhaltliche Melancholie gefesselt. Bislang ist diese Skyforger mein absoluter Favorit unter den drei Platten, da sie die bisherige Krönung aus den besten Zusammenschnitten und Stilmitteln für meinen Geschmack bedeutet. So knapp der Vorsprung zwischen diesen drei erstklassigen Werken auch ist!

    Ein durchweg brillantes Album ohne Schwachstellen. Großartiges Meisterstück!

Silent Waters
Typ1 CD / Studio
Jahr2007
LabelNuclear Blast (Warner)
Songs
  1. Weaving The Incantation
  2. A Servant
  3. Silent Waters
  4. Towards And Against
  5. I Of Crimson Blood
  6. Her Alone
  7. Enigma
  8. Shaman
  9. The White Swan
  10. Black River
    Zum knapp eineinhalb Jahre zuvor veröffentlichten Album Eclipse (s.u.) hat sich nicht viel verändert. Bandbesetzung und Produktionsteam sind dasselbe geblieben. Auch hier sind die Lyrcis des Albums dem finnischen Nationalepos Kalevala entlehnt. Was erwartet uns auf der Scheibe mit dem düsteren Mondschein-Cover und dem feuerroten Schwan in dessen Mitte nun musikalisch?

    Weaving The Incantation (Track #1) als fünfminütiger Opener lässt es mit hartem Trommelfeuer vom Schlagzeug und brachialen Gitarrenriffs schnell richtig krachen. Dennoch spinnen sich feine Melodiefäden durch den gesamten Song. Im Chorus tauchen mehrstimmige "Ah-haa"-Gesänge auf, Growls vom Fontmann gibt es ebenso wie weiche Passagen und druckvolle Shouts. Abgesehen von einigen dämpfenden Parts geht es mit diesem ersten Titel also abermals zügig und ohne Umschweife in medias res.
    A Servant (Track #2) ist noch einen Hauch manischer und konstanter, bekommt nur wenige Strecken zum leichten Abkühlen. Besonders sticht die durchgehende Leadgitarre ins Ohr, die den gesamten Song über sehr bindend arpeggiert, so daß für ausgewiesene Soli wenig Bedarf aufkommt.
    Der Titelsong Silent Waters (Track #3) ist vom Aufbau her wuchtig und choral, braucht jedoch nur wenig wirklich ruppige Passagen. Mit runder Melodiearbeit von Piano und zurückhaltend staccato riffenden Gitarren sowie vorwiegend friedlichem Gesang (Grunzer vom Mikro gibt es hier beispielsweise nicht) spiegelt er die Stimmung des kompletten Albums - mit einigen Abstrichen in Sachen Härte - schön wider. Kaum verwunderlich, daß gerade er als Single sehr erfolgreich ausgekoppelt wurde. Ein angenehmer, für Band- und Plattenverhältnisse leicht poppiger Midtempo-Rocker - ohne unnötigen Schmalz und Weichspüler! Der Ausklang geschieht flächig in aller Ruhe, ausnahmsweise bei einer Band, die sonst ein punktgenaues Finale für ihr Songs bevorzugt.
Gleich reinhören und -sehen? Diesen Clip gibt es bei YouTube:
Amorphis - Silent Waters
    Towards And Against (Track #4) zieht vom Tempo her wieder fester an den Rudern, ergänzt den beinahe gleichlangen Vorsong (beide knapp unter fünf Minuten lang) mit orientalischen Skalen und wieder wütenden Shouts und Growls sehr gut.
    I Of Crimson Blood (Track #5) klingt mit hymnischer Instrumentalisierung (Piano-Intro, Akustikgitarren und dominantem Bass) sehr balladesk. Die Strophen sind sehr dünn und feingliedrig aufgebaut, finden zum Chorus jeweils über Klavierarpeggios und/oder gebundene Läufe der Leadgitarre langsam zu einem volleren Klang für den Chorus. Nach einer kurzen Solopassage in der Songmitte kommen kurzfristig noch Streicher, die eine schöne Brücke zum Showdown schlagen, der mit kleinen Überraschungen wie einem Tonartwechsel aufwartet.
    Her Alone (Track #6) kann es noch sanfter, klingt so richtig nach Ballade, ist mit seinen sechs Minuten Dauer auch deutlich längster Song der Platte. Tongebend bleiben akustische Gitarren, Piano und ein deutlicher Bass, in majestätischer Schwere singt Tomi Joutsen sehr ruhig. Auch hier wird es nicht zu schmalzig, zumal am Ende ein leicht psychedelischer Touch lauert, wenn zwischen den bekannten Pianomelodien im Hintergrund ein leicht näselnder "Ah-ha-haaa" mitsingt. Im Zentrum der Platte stehen also zwei aufeinander folgende ruhige und epische Balladen.
    Enigma (Track #7) ist ein dreieinhalbminütiges, rein akustisches Intermezzo. Glasklare Folk-Gitarren geben das Grundgerüst vor, streckenweise legen sich wahlweise Piano, Streicher und Bass darunter, das Schlagzeug pausiert komplett. Der mehrstimmige Gesang ist nordisch folkloristisch, trotz des dünnen instrumentalen Arrangements ist der Titel wunderbar quirlig und lebendig.
    Shaman (Track #8) knüpft zwar mit denselben Sounds aus klarer Westerngitarre und Piano an, wandelt mit Hilfe der riffenden E-Gitarren das Thema aber bald in modernere Klänge. Er wirkt wie der fünfminütige B-Teil zum Vorsong. Bevor er zum Songende wirklich metallisch wird, wartet in der Mitte noch eine schöne Strecke aus sphärischen Keyboardsounds, Gitarrenlicks und einer solierenden Flöte. Eine überaus gelungene Brücke zwischen den nordischen Klängen und dem modernen Metal!
    The White Swan (Track #9) ist - entgegen seinem Titel - alles andere als friedlich. Die Strophen sind ruhig, dünn und melancholisch, dafür wird im Chorus nach langer Zeit wieder gegrowlt und die Stirn in böse Falten gelegt. Es gibt auch mal wieder eine längere Solostrecke vor dem Showdown. Wer einen ungefähren Einblick in den Stil der Band und speziell dieses Album sucht, ist mit diesem Song schon auf gutem Weg.
    Black River (Track #10) rüttelt nicht mehr viel am Gesamtbild der Platte. Mit andächtigen Klavierläufen und gesprochenen ersten Zeilen klingt es beinahe kitschig, doch der Song bekommt noch rechtzeitig die Kurve über ruhigen Gesang, perlende Gitarrenläufe, Soli und Crescendo, um sich aus der Klischeekiste zu ziehen. Der knappe Vierminüter wird zum friedlichen Ausklang der Scheibe.

    Zweiflesfrei ist dieses Album wie sein Vorgänger Eclipse (s.u.) toll, in Sachen Songwriting und Ohrwurmtauglichkeit äußerst gelungen und hat keine Ausfälle zwischen den Titeln zu beklagen. Der Unterschied liegt für mich vor allem darin, daß diese Silent Waters ein engeres Klangbild, einen deutlich hörbareren roten Faden hat. Nach dem brachialen Einstieg wird dieses Album im Gros friedlicher, es wird nicht mehr so viel mit dem Wandel zwischen den Extremen und dem Einbau anderer musikalischer Einflüsse gespielt.
    Wem der Vorgänger streckenweise zu ruppig war oder wer einen deutlicheren Akzent auf die nordisch-folkloristischen Klangelemente sucht, der wird mit diesem Album hier auf jeden Fall glücklich! Im Grunde sind Stilausrichtung und Klang sehr eng am Voralbum geblieben, dafür wurden Aggressivität und Experimentierfreude zu Gunsten einer albendurchziehenden Konstanz hier ein wenig zurückgefahren.

    Ein etwas ruhigeres Album mit deutlichem Akzent auf die Komponente finnischen Folks im Metal!

Eclipse
Typ1 CD / Studio
Jahr2006
LabelNuclear Blast (Warner)
Songs
  1. Two Moons
  2. House Of Sleep
  3. Leaves Scar
  4. Born From Fire
  5. Under A Soil And Black Stone
  6. Perkele (The God Of Fire)
  7. The Smoke
  8. Same Flesh
  9. Brother Moon
  10. Empty Opening
    Dieses 2006er Album Eclipse ist das erste mit dem neuen Sänger Tomi Joutsen, der neben seiner ausdrucksstarken und kraftvollen klaren Gesangsstimme auch gelegentlich wieder die düsteren Growls aus den Anfängen der Band zurück bringt. Die Platte ist ein Konzeptalbum, dessen Texte dem finnischen Nationalepos Kalevala, genauer der Theateradaption des Kullervon Tarina-Zyklus vom finnischen Schriftsteller Paavo Juhani Haavikko, entlehnt sind. Trotz des zugrundeliegenden Konzepts funktionieren aber alle Titel auch prima einzeln für sich, aber nähere Infos zur Mucke...

    Two Moons (Track #1) beginnt mit einigen sägenden Läufen auf dem Keyboard, schnelle Gitarrenriffs und harte Drumms lassen nicht lange auf sich warten. Der Gesang ist druckvoll und düster, doch nach der zügigen ersten Strophe wechselt der Song bald auf einen flächigeren Chorus mit Schwerpunkt auf Melodie. Nach einer Bridge mit anschliessendem Gitarrensolo endet der Opener in einem dicken Crescendo. Der dreieinhalbminütige Opener zieht aus dem Stand mit, bringt unmittelbar in die Klangwelt der folgenden Songs und macht sofort Laune auf mehr.
    House Of Sleep (Track #2) nimmt schon im Intro einen halben Gang in Sachen Tempo raus, kühlt zur ersten Strophe noch weiter in melodische Arbeit zwischen zurückhaltenden Staccato-Riffs der Rhythmusgitarre und bindenden Pianoläufen ab. Der Chorus ist ein wenig dichter und epochaler, mehrere Gesangslinien - auch weibliche Backingvocals sind darunter - füllen die charismatische Atmosphäre. Statt eines Gitarrensolos bekommt kurz vorm Showdown das Keyboard eine sphärische Solopassage zugewiesen. Unter anderem wurde auch dieser Song als Single sehr erfolgreich ausgekoppelt, wenn man gleichfalls dazu sagen muß, daß er in seinem Aufbau - trotz der sehr ohrgängigen Hookline - nicht als das Paradebeispiel für den Sound dieser Platte herhalten kann.
Gleich reinhören und -sehen? Das offizielle Video gibt es bei YouTube:
Amorphis - House Of Sleep
    Leaves Scar (Track #3) bekommt zunächst ein noch ruhigeres Intro. Akustische Westerngitarren klampfen mit lockerem Folk-Shuffle, keltische Flötentöne unterstützen den Stil. Doch der Frieden währt nicht lang, denn metallische Distortiongitarren übernehmen die Vorgaben zu einem ruppigen Gothic-Thema. Erstmal darf Frontmann Tomi Joutsen in den Strophen richtig düster grunzen, der Chorus wird wieder extrem kompakt aus skandinavischen Melodiebögen, mehrstimmigem Gesang und Gitarrenriffs gestrickt. Eine an den Songanfang erinnernde längere Bridge ergänzt prima - und diese Reise zwischen den Klang- und Stimmungswelten passiert in gerade einmal dreieinhalb Minuten lückenlos ohne merkliche Brüche.
    Born From Fire (Track #4) ist recht eben zusammengesetzt, ein recht konstanter Midtempo-Song mit angenehmem Riffing, durchgehend kraftvollem Gesang, eine Einladung zum Mitschunkeln. Die ausgedehntere Solostrecke in der Mitte teilen sich Piano und Gitarre über teils parallele Melodien zu gleichen Teilen auf.
    Under A Soil And Black Stone (Track #5) ist zweigeteilt. Die erste Hälfte ist dominiert von Piano und ruhigem, tragisch-leidendem (ich vermeide hier absichtlich das Prädikat "weinerlich" *grins*) Gesang. Ab der Mitte stellt sich der Vierminüter um, über wunderbare Delay-Arpeggios steigen brachiale Riffs der Gitarren ein, es wird sehr lebendig und druckvoll auf dem Songhöhepunkt, bevor der Bogen zum Songende hin über die Melodie und Stimmung zu seinem Beginn halb zurückgeknüpft wird. Vor allem ist dieser erste Song in der Albenmitte quasi der Beginn einer Trilogie, denn die beiden folgenden Songs schliessen sich jeweils ohne hörbare Brüche an. Es geht also nahtlos über in...
    Perkele [The God Of Fire] (Track #6). Mit einem näselnden Bläser geht es in orientalischen Klängen los, bevor es wirklich ruppig wird. Dieser Song ist auf dem Zenit wohl der brachialste der Scheibe. Düstere Growls, hartes Riffing und metallerne Klänge mischen sich in größtenteils ruppiger Gangart mit den orientalischen Einflüssen. Ergänzt wird mit melodischem Chorus und rasant wechselnden Stimmungen, bis das zappelnde und um sich schlagende Songmonster in einem erschlagend dichten Crescendo wie im Feuerrausch und bunten Funkenflug endet - ein genialer Song! Im Zusammensinken und Nachglühen dieser beeindruckenden Orgie erklingen die ersten ruhigen Phrasen, die uns lückenlos zum letzten Teil der Trilogie bringen...
    The Smoke (Track #7) knüpft also nicht nur semantisch mit seinem Songtitel an. Ruhige und ohrgängige Pianoklänge, die hörbar die Melodiebögen und Stimmung aus Under A Soil And Black Stone (s.o.) wieder aufgreifen, bilden das Intro, die orientalischen Einflüsse des Vorsongs werden durch skandinavische Elemente ersetzt. Auch wenn im Chorus neben dem klaren und ruhigen Gesang düstere Grunzer im Hintergrund mitschwimmen, ist dieser finale Teil drei im Gros eher epochal und hymnisch als dunkel angelegt. Dieser Dreiteiler klingt wie aus einem Guss, bringt trotzdem so viele verschiedene Einflüsse und musikalische Stilrichtungen ohne Zwang unter einen Hut, daß man sich diesem Zentrum der Platte bei einem Testhören auf jeden Fall widmen muß!
Auch hierzu gibt es einen Clip bei YouTube:
Amorphis - The Smoke
    Same Flesh (Track #8) bekommt ein langes, sphärisches Intro, tröpfelt eher ruhig und stetig vor sich hin. In der Songmitte kommen im Hintergrund Hammond-Orgelchords dazu, die den Eindruck einer hymnischen Hardrock-Ballade verstärken. Ein erster Ruhepol zum Ende der Platte hin.
    Brother Moon (Track #9) bringt mit hintergründigem Keyboard und einer akustischen Gitarre im kurzen Intro abermals eine skandinavisch-folkloristische Stimmung, die der Rest des Ensembles schnell aufgreift. In den nordischen Klängen und Rhythmen möchte man direkt mitschunkeln. Nach der Songmitte steigert sich der Druck kurzzeitig, es wird kurz hart in die Saiten gedroschen und am Mikro gegrowlt, aber der Weg zum anfänglichen Folkstil ist nach der kleinen Verirrung schnell wiedergefunden.
    Empty Opening (Track #10) ist als Finalizer der Platte mit etwas mehr als fünfeinhalb Minuten auch längster Song. Instrumental wird zum guten Schluß nochmals jedes Register gezogen, beispielsweise wabert wieder eine Hammond im Hintergrund, immer wieder tauchen Gitarren-Licks mit starkem Flanger-Effekt auf. Zwar erahnt man in diesem letzten Song noch die nordischen Ursprünge der Band, aber wegen seiner Dauer und des sehr kompakten Arrangements schlägt er stilistisch ein wenig aus der Reihe. Für mich ist er jedesmal wieder ein deutlicher Schlußpunkt, der sich ein wenig vom Restwerk abgrenzt, quasi der Nachtisch in Form eines dicken Knallbonbons.

    Erwähnt sei noch, daß es eine Re-Release-Fassung dieser Platte gibt, die einen Bonustrack namens "Stonewomen" am Ende hat. Laut anderen Rezensenten ist er angeblich für sich ein schöner Song, der aber nichts mit dem Zyklus der Platte zu tun hat - will sagen: nicht schon direkt mit aufgenommen und aus Gründen der Produktion rausgelassen wurde. So habe ich mir darum keine Gedanken gemacht und die Originalfassung ohne ihn beim Bestellen bekommen.
    Diese Platte hat eine einzigartig gute Mischung zwischen Folk, Progressive und den unüberhörbaren aber nicht störenden Elementen des Death Metal zu bieten. Dabei sind ohrwurmige Hooklines beinahe wie selbstverständlich in jeden Song mit eingebunden. Die progressiven Spuren liegen songdienlich verpackt irgendwo in diesem charismatischen Klangspektrum, kein Partwechsel oder Solo klingt nach gezieltem Protzertum. Alle Songlängen, die sich - abgesehen vom dicken Finalsong - zwischen lockeren dreieinhalb- und viereinhalb Minuten bewegen, sind extrem gut abgepasst. Kein einziges Thema wird überstrapaziert, kaum hat man ein kleines Ohrwürmchen, folgt schon der nächste Titel.
    Neben den grundsoliden Instrumenten möchte ich besonders Sänger Tomi Joutsen loben, der stilistisch in diese Mucke reinpasst wie Arsch auf Eimer *grins* und einen tollen Job macht. Vom ruhigen Balladengesang, über druckvolle Vocals bis zu energischen Shouts und düsteren Growls bekommt er lückenlos alles ohne hörbare Probleme hin. Vor allem auch seinen Gesangslinien ist geschuldet, daß ich auch die zwei folgenden Studioalben mit derselben Bandbesetzung (s.o.) auf Anhieb mögen musste!
    Wer diese Richtung bislang noch nicht gehört hat oder sich nicht sicher ist, ob sie ihm gefallen könnte, sollte sich einige der angegeben Songs, Videoclips oder anderen Webquellen einmal ansehen. Ich kann nur sagen: es lohnt!

    Lückenlos schönes Songwriting in finnisch-folkloristischem Metalstil und lockeren Konzept. Toll!

Far From The Sun
Typ1 CD / Studio
Jahr2002
LabelNuclear Blast (Warner)
Songs
  1. Day Of Your Beliefs
  2. Planetary Misfortune
  3. Evil Inside
  4. Mourning Soil
  5. Far From The Sun
  6. Ethereal Solitude
  7. Killing Goodness
  8. God Of Deception
  9. Higher Ground
  10. Smithereens

The Karelian Isthmus
Typ1 CD / Studio
Jahr1992 ( Re-Release 2006 )
LabelRelapse Records
Songs
  1. Karelia
  2. The Gathering
  3. Grails Mysteries
  4. Warriors Trial
  5. Black Embrace
  6. Exile Of The Sons Of Uisliu
  7. The Lost Name Of God
  8. The Pilgrimage
  9. Misery Path
  10. Sings From The North Side
  11. Vulgar Necrolatry