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Chickenfoot : Alben

III
Typ1 CD / Studio
Jahr23.09.2011
LabelEarMusic
Songs
  1. Last Temptation
  2. Alright Alright
  3. Different Devil
  4. Up Next
  5. Lighten Up
  6. Come Closer
  7. Three And A Half Letters
  8. Big Foot
  9. Dubai Blues
  10. Something Going Wrong

Chickenfoot
Typ1 CD / Studio
Jahr2009
LabelEarMusic
Songs
  1. Avenida Revolution
  2. Soap On A Rope
  3. Sexy Little Thing
  4. Oh Yeah
  5. Runnin' Out
  6. Get It Up
  7. Down The Drain
  8. My Kinda Girl
  9. Learning To Fall
  10. Turnin' Left
  11. Future In The Past
    Beim äusseren Erscheinungsbild dieses Debüts der "Supergroup" musste ich mich zunächst schon ärgern. Der musiktragende Silberling steckt in einer billigen Papphülle, auf der Innenseite gibt es ein paar Bilder der Band und die notwendigsten Infos zur Scheibe - Textheft? Fehlanzeige! Das ist eine Sparmaßnahme, für die ich aus Marketingsicht keinerlei Verständnis aufbringe. Finanzkrise hin, chronisch jammernde Musiklabels her, für den Preis einer CD erwarte ich - wenn schon nicht das haltbare und zur Not austauschbare Plastikcover - ein Heftchen, bestenfalls mit den Song-Lyrics drin, wenigstens dort aber nochmal alle Songtitel, Mitwirkenden plus ein paar Bildchen abgebildet. Denn das mit den Songtiteln ist auch so eine ärgerliche Sache: auf der Coverrückseite erkennt man mittig eine vertikale Reihe von weissen Quadraten, in denen die Nummern der Songs sieht. Die dazugehörigen Titel der Songs sind in dunkelstem Anthrazit (wohlgemerkt: bei schwarzem Coveruntergrund!) links und rechts daneben mehr zu errätseln als zu lesen. Ich kenne auch Cover derselben Art, bei denen das aus Gründen des Stylings ähnlich ist, aber dann findet man zumindest auf der CD selbst oder im Booklet noch einmal eine klar erkennbare Auflistung. Hier gibt es die nirgends. Für die Verpackung vergebe ich eine glatte sechs, das ist eine Zumutung. Zwar gibt es wichtigere Dinge bei einem Album, aber wie heisst es so schön? "Für den ersten Eindruck hat man nur eine Chance". Also lieber zu erfreulicheren Dingen dieser Scheibe...

    Der Opener Avenida Revolution (Track #1) zieht in bester Hardrockmanier vom Leder. Knappe sechs Minuten wird an der Gitarre saftig gebraten, Bass und Drums sind deutlich und druckvoll, Sammy Hagar wirft mit seiner Stimme Reibeisen dazu, so viel er kann. Satriani absolviert ein knappes Solo, doch wie der komplette Song bleibt es auf der klaren Hardrocklinie.
    Soap On A Rope (Track #2) beginnt mit einem satchigen, ohrgängigen Riff. Es wird insgesamt nicht so gebrettert wie beim Opener, es geht ein wenig schmieriger zu, in vielen Läufen und akzentuierten Breaks mischt sich ein Hauch Blues unter. Tempo und Riffing sind sehr mitziehend, zum Ende des Fünfeinhalbminüters gibt es ein orgiastisches Crescendo mit einem etwas längeren Schlußsolo des Gitarrenmeisters, einer wüst zimmernden Rhythmusabteilung und einem Sänger, der sich vor Ekstase beinahe die Seele aus dem Leib schreit.
Gleich mal reinhören? Eine Hörprobe gibt es bei MyVideo.de:
Chickenfoot - Soap On A Rope
    Sexy Little Thing (Track #3) ist ein lockerer, gutgelaunter, vielleicht ein wenig anzüglicher Anheizer. Die Drums und der deutliche Bass harmonieren mit der Gitarre wunderbar wie aus einem Guss. In einem ersten kleinen Gitarrenintermezzo wehen uns bluesige Phrasen ums Ohr, der spätere Soloeinwurf klingt nach Rock'n'Roll.
    Oh Yeah (Track #4) besteht zu Beginn und Ende aus einem trockenen Riffing, im Mittelteil gibt es einen merklichem Ausbruch. Zunächst präsentiert uns Satriani ein Riff, wie es auch aus den Fingern von Jimi Hendrix hätte kommen können, anschliessend legt Michael Anthony eine funkige Basseinlage ein, die über einem knappen Gitarrensolo in das anfängliche Riff zurückläuft.
    Runnin' Out (Track #5) ist mit drei Minuten und zweiundfünfzig der kürzeste Song der Platte, der Rest der Titel pendelt zwischen viereinhalb und sechseinhalb Minuten Dauer. Als nettes i-Tüpfelchen bekommt der kurzweilige Rocker ein mittiges Gitarrensolo mit sattem Wah-Wah-Effekt und mal ein paar (!) schnellen Flitzern auf den Saiten.
    Get It Up (Track #6) steigt mit wuchtigem Riff ein, tänzelt dann immer wieder zwischen dünneren Parts aus Flageoletts, Hendrix-Riffs und einem vollen Chorus. Zusammen mit den enthusiastischen "Arriba, 'riba"-Schreien zieht ein kleiner Hauch von "Fiesta Mexicana" mit ein.
    Down The Drain (Track #7) tröpfelt mit fliessenden Arpeggios ein, wird dann sehr rhythmusbetont und leicht düster. Schlagzeug und der markige Bass geben in diesem Song eindeutig die Front, die Gitarre rifft gebunden einen Schritt weiter hinten. Nach einem längeren instrumentalen Mittelteil, der mehr wie ein lockerer Jam als wie eine Solopassage wirkt, dreht der Titel zum letzten Drittel mächtig auf. Auch sein Ende ist vom deutlichen Improvisationsstil geprägt.
    My Kinda Girl (Track #8) ist wieder allerschönster Oldschool Rock'n'Roll. Bei flottem Tempo hüpft der Bass, die Drums sind straight, mehrstimmiger Gesang weht uns um die Ohren, als besonderes Feature erklingt an einigen Stellen eine Bluesharp im Hintergrund. Dieser Viereinhalbminüter ist dynamisch, heiter und mitziehend, in fliessenden Schwerpunkten zwischen den Instrumenten, kurzen Breaks und Rhythmusakzenten entfaltet sich eine herrlich feinheitenreiche Rock-Atmosphäre.
    Learning To Fall (Track #9) bricht kurz vor dem Albenende mit dem bislang durchgehenden Rock, eine Ballade - und was für eine tolle! Weiche Gitarren-Arpeggios verschwimmen leicht, Drummer Chad Smith begnügt sich zunächst mit verhaltenen Rim-Clicks, Sammy Hagar schmachtet am Mikro mit deutlich sanfterer Stimme als bei den anderen Songs. Über einen B-Teil kurz nach der Songmitte geht es in ein kurzes, bittersüßes Solo über. Auch bei einer kleinen Steigerung aller Instrumente zum Showdown behält der Titel seine wohltuende Schwermütigkeit, bevor er in den Arpeggios endet, mit denen er begann. Ein traumhafter Song!     Turnin' Left (Track #10) ist der treibendste Song der Scheibe. Zwischen dem flitzenden Walkingbass, der hämmernden Schiessbude und den punktgenauen Riffs und Licks der Gitarre, es wird auch ruppig soliert, bleibt kein Platz für Verschnaufpausen. Ein manischer und extrem druckvoller Bolzer kurz vor Ende.
    Future In The Past (Track #11) geht es ruhiger an, ist mit etwas über sechseinhalb Minuten längster Albentitel. Irgendwo zwischen Hardrock und Funk pegelt sich der Song zunächst ein, baut dann immer mehr Fahrt auf. Wie in einer Endlosschleife wieder das Leitthema unbeirrt wiederholt, doch mit jedem Durchlauf scheint ein Schüppchen mehr drauf zu kommen, so daß das Album mit einem heiteren Mittempokracher endet. Naja, wie heisst es so schön im Songtext? "I will save be best for last..."

    Die ganze Scheibe strotzt vor gutem Oldschool Rock und bei allen vier Musikern spürt man die Freude an ihrer Arbeit. Alle arbeiten sehr songdienlich, dabei hat man nie den Eindruck, daß sich einer der Herren unnötig zurückhalten musste. So ziemlich genau eine Stunde solider Rockmusik inklusive einer schönen Ballade - ein paar anderen Rezensenten war sie zu schmalzig, ich finde sie geht durchaus in Ordnung - bringt das Debüt mit sich.
    Einen kleinen Makel, der sogar irgendwie mit der Panne des fehlenden Booklets einhergeht, möchte ich hier noch nennen: während Sänger Sammy Hagar stimmlich am Mikro einen tollen Job macht, sind seine Songtexte eine ziemliche Plattitüde. Da werden schon klischeehafte Phrasen und Weisheiten gedroschen, daß es sich gewaschen hat. Anders herum kann man sich so auch sagen, daß das nicht vorhandene Textheft hier kein Drama bedeutet, denn in diese Lyriks kommt jeder schnell rein, der der englischen Sprache mächtig ist. Tiefergehende Weisheiten muß man nicht suchen, auch wenn die Band zu jedem einzelnen Song eine Entstehungsgeschichte oder einen Hintergrund erzählen kann.
    So gesehen ist die Zusammenstellung der Texte irgendwie sogar ein Segen für die Scheibe, denn bei minimalem Inhalt kann der Hörer sich jederzeit auf Wunsch mal mehr darum kümmern, es aber ebenso gut bleiben lassen. Wie gesagt, die Stimme passt wie Arsch auf Eimer bei dieser Musik, die nur so vor Energie und Spielfreude überquillt. Auf diese Weise lädt das Gesamtwerk herrlich dazu ein, es als grundsolides Easy-Listening mit einem Hauch von anrührendem Anachronismus immer wieder zu Geniessen. Ohne unnötige Egotrips und besonders herausstechende Songs (nach oben wie nach unten) ist dies eine der schönesten Rockscheiben, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist. Und für mich ist klar: wenn davon mehr kommt, dann will ich das unbedingt hören!

    Vier Meister im rockig-heiteren Songfluß!