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Joe Satriani : Alben

Hier nur ein grober Überblick über das Schaffen von Joe "Satch" Satriani.
Andere Werke (vor allem Live-CDs) gibt's über die offiziellen Links...

Professor Satchafunkilus And
The Musterion Of Rock
Typ2 CD / Studio + Live + Enhanced
Jahr2008
LabelEpic (Sony BMG)
Songs [CD 1]
  1. Musterion
  2. Overdrive
  3. I Just Wanna Rock
  4. Professor Satchafunkilus
  5. Revelation
  6. Come On Baby
  7. Out Of The Sunrise
  8. Diddle-Y-A-Doo-Dat
  9. Asik Vaysel
  10. Andalusia
[CD 2]
  1. The Making Of Professor Satchafunkilus
  2. Surfing With The Alien (Live)
  3. Ice 9 (Live)
  4. Crushing Day (Live)
  5. Behind.The-Scenes In LA & SF

Super Colossal
Typ1 CD / Studio
Jahr2006
LabelSony BMG
Songs
  1. Super Colossal
  2. Just Like Lightnin'
  3. It's So Good
  4. Redshift Riders
  5. Ten Words
  6. A Cool New Way
  7. One Robot's Dream
  8. The Meaning Of Love
  9. Made Of Tears
  10. Theme For A Strange World
  11. Movin' On
  12. A Love Eternal
  13. Crowd Chant
    Opener und Titelsong Super Colossal (Track #1) geht es in mittlerem Tempo an, hat allerdings eine mächtige Zugkraft. Die stampfenden Beats werden im Intro durch Handclaps unterlegt. Rhythmik und Chordschema sind übersichtlich, zwischen dem Hauptthema gibt es immer kleinere Ausflüge, während denen in Bluesskalen gefingert wird. Der Abgang ist straight und trocken wie das Intro.
    Just Like Lightnin' (Track #2) marschiert in ähnlichem Stil an, markant kommt gleich zu Beginn der vorne stehende Walkingbass durch. Die Rhythmusgitarren sind clean, lebendig, beinahe funky. Die Sololinie ist mal schmierig angezerrt, mal mit WahWah-Effekt versehen, auf Hall (Reverb und Delay) wird zugunsten der Präzision vezichtet. In quirligen Oktavläufen und brizelnder Unberechenbarkeit wird die Musik dem Songtitel gerecht.
    Wirres Sphärengeschräddel zu Beginn von It's So Good (Track #3), für das sicher alle Effektregister gleichzeit geöffnet wurden, lenkt zunächst in eine völlig falsche Richtung. Denn schnell entwickelt sich eine bluesrockige Songbasis aus mehreren gut auf einander abgestimmten Gitarrenlines. Die Leadguitar ist wunderbar sauig. Wenn sich hier jemand (laut Songtitel) freut, ist eine dicke Portion Schadenfreude oder Unbekümmertheit zu spüren. Zwischen dem Hauptteil gibt es eine rhythmisch schöne Bridge, der Auslauf des Songs ist gemütlich, man sieht förmlich das vergnügte Kind weiter seiner Wege ziehen. Ein schöner Gutelaunemacher.
    Redshift Riders (Track #4) klingt nach einer Anknüpfung an die alten Werke. Er ist ein wenig zügiger, von der Basis flott rockend. Hier wird nach allen Regeln der Kunst mit Flageoletts, Tremolohebel und orientalischen Skalen amtlich gearbeitet.
    Ten Words (Track #5) ist (momentan) mein Lieblingstitel dieses Albums. Das Songschema und die Instrumentalisierung sind schon fast plump, verbreiten dabei eine tolle Atmosphäre von unspektakulärem Zufriedensein und Vertrautheit. Wenn ich das in ein Bild übersetzen sollte, denke ich an einen sommerlichen Spaziergang, bei dem ich von einem alten Hund, der Schmetterlingen über die Blumenwiese hinterherjagt, begleitet werde. Und dabei hatte ich nie einen Hund *grins*. Die Leadgitarre klotzt nicht, zieht in friedlichen Durharmonien, bindendem Legato und ab und an kleinen Akzenten (Doppelsaitenbendings, kurze Hammerings) in einer schönen Hookline ihrer Wege.
    A Cool New Way (Track #6) ist ebenfalls langsam, verbeitet keine Hektik. Er ist irgendwie aber doch quirliger, denn schon die hohen Flageoletts des Intros, die sich in mehreren Spuren durch den gesamten Song prickeln, lassen einem trotz des mäßigen Tempos keine Ruhe. Die Leadgitarre, die auch schon mal eine Weile komplett aussetz, ist guter alter Satch-Stil. Es darf auch geposed werden!

    One Robot's Dream (Track #7) ist zur Albenmitte mit seinen sechs Minuten achtzehn der längste Titel der Platte. Er baut sehr auf sterile Atmosphäre und mechanische Eckigkeit, Harmonie und Gefühl sind merklich unterdrückt. Bei dem Songtitel könnte man an Filme wie A.I. oder I, Robot denken, was auch zeitlich nicht unschlüssig wäre. Der Song ist aber sehr mechatronisch-trocken, gibt nur an ganz wenigen Passagen einen Hauch Emotion. Er ist gefühlt lang, es braucht seine Zeit, bis man in der Thematik drin ist. Kein guter Tip zum Testhören im Vorbeigehen!
    The Meaning Of Love (Track #8) ist wieder harmonischer und kürzer, es wird über teils deutlich entrückte Skalen soliert. Die Songbasis (Chords und Rhythmus) geht schnell zu Ohr und hält nicht von den Zauberkunststückchen der Frontgitarre ab.
    In Made Of Tears (Track #9) geht es sphärisch und trist zur Sache. Schöne Akzente bringt die unverzerrte Staccato-Gitarre, die zwischen der Funkgitarre des Songs immer wieder auftaucht. Zwischen Melancholie und Schwermut blitzen kleine Teile auf, die mit Harmonie und belebter Leadgitarre für Variation sorgen.
    Theme For A Strange World (Track #10) ist manisch und zügig. Songunterbau und Leadgitarre machen eine Ebene voller Endzeitstimmung breit, das Arrangement ist sehr dicht und wuchtig. Immer wieder tauchen Umschwünge auf, die den Titel trotz durchgehender Thematik nicht langweilig werden lassen.
    Movin' On (Track #11) bringt nochmals einen Hauch Bluesfeeling, ist eigentlich ganz heiter, vor allem der markante Walkingbass unterstützt das Gefühl von Aufbruch und Weiterbewegen. Die Sologitarre passt sich der Stimmung an, bricht nie zu weit aus dem Ensemble aus.
    A Love Eternal (Track #12) ist im Grunde Schmalz pur. Er schwimmt in dünnem Arrangement dahin, das Schlagzeug hat - abgesehen von einem leisen Schlag auf die drei auf die geschlossene Hihat - Pause. Die Frontgitarre ist schön, die spielerischen Kniffe durch die seichte Songstruktur gut mitzubekommen. Harmonische Finessen bringen gelegentliche Sprünge mit Genusveränderung in der gleichnamigen Tonart.
    Bei Crowd Chant (Track #13) zum Schluss gibt sich der Maestro experimentierfreudig. Die Licks, die er auf seiner Axt vorgibt, gröhlt eine Masse nach. Quasi ein Guitarbattle mit Gitarre gegen menschliche Stimme. Diese Idee wird aber nicht den ganzen Song durchgezogen, nach und nach begleitet der Chor, das Crescendo treibt diesen letzten Titel zu einem netten Showdown für das Album. Mit drei Minuten fünfzehn kürzester Song und eine gelungene Überraschung.

    Ist der Titel Super Colossal nun zu hoch gegriffen? Vielleicht. Es ist eben "mal wieder ein Satriani", der weder besonders innovativ ist, noch nach unten aus dem gigantisch hohen Niveau dieses Ausnahmetalents der Gitarre rausfällt. Jeder Gitarrespieler und -freund wird seine lohnenswerten Songs und Parts auf dem Album finden. Es war für mich kein langersehntes Highlight, aber keinesfalls ein Kauf (ohne vorheriges Testhören), den ich bereuen dürfte.

    Amtlich wie immer, wenn auch kein überkreatives Meisterwerk.

Is There Love In Space
Typ1 CD / Studio
Jahr2004
LabelSony BMG
Songs
  1. Gnaahh
  2. Up In Flames
  3. Hands In The Air
  4. Lifestyle
  5. Is There Love In Space
  6. If I Could Fly
  7. The Souls Of Distortion
  8. Just Look Up
  9. I Like The Rain
  10. Searching
  11. Bamboo
    Gnaahh (Track #1) scheint sogar (!) für einen Satriani-Song ein komischer Titel. Die einzige Erklärung, die ich dafür finde, ist die Onomatopoesie der Gitarre. Ein Äquivalent zum Namen des Effekts "WahWah", denn ähnlich wie dessen Gequake, gnaahht es an einigen Stellen in diesem Opener.
    Up In Flames (Track #2) hält sich - nicht nur in Sachen Songtitel - an eine straightere Gangart. Die Songbasis holzt trocken und wuchtig, während sich der Maestro in leicht bluesigen Phrasen und Obertongeflöte an der Leadguitar amtlich einen abbolzt. Ein viereinhalbminütiger Kraftakt, bei dem die Songgewalt über das Einzelsaitengedresche siegt.
    Bei Hands In The Air (Track #3) geht es ähnlich zu, aber der Sound ist merklich schmieriger. Pegel und Fluss sind nicht so konstant wie bei der Vornummer, dafür gibt es anrüchigen Dirt auf die Ohren. Und der Songtitel? Nun, begrenzt mag die Nummer zum Mitklatschen taugen. Ansonsten kann man auch die Hände in die Höhe strecken, um dem Gitarrengötzen zu huldigen.
    Lifestyle (Track #4) weckt Erinnerungen an längst verflossene Zeiten. Ab der Flying In A Blue Dream (s.u.) gab es diese Phasen. Damals hat mir das nicht wirklich gefallen, und ich weiss nicht, ob Satch technisch so viel dazugelernt hat. Zumindest ist der Gesang hier gut verpackt, mit leichten Effekten verfeinert und harmoniert gut mit dem trockenen Riffing. Gewagte Passagen sind nicht zu hören, das was gesungen wird, ist einfach nett. Na also, es geht doch!
    Titelsong Is There Love In Space (Track #5) quietsch befremdlich los, die Harmonien sind seltsam, und es gibt einigen Vorlauf bis zu den ersten Leadgitarrenklängen. Dann merkt man, wo es hingehen soll. Mit spielerischen Finessen (Oktavlicks, hauchdünnen Vibratos etc.) schlängelt sich der charismatische Titel über mehrere Wendungen zum Zenit. Da kotzt sich eine einsame WahWah-Axt aus, scheint ihre fragende Reise durchs All auf der Suche nach Liebe anschliessend fortzusetzen.

    If I Could Fly (Track #6) startet den zweiten Albenteil locker und unbekümmert. Ein Hauch Blues meint man zu erkennen, aber die Nummer ist heiter und lebendig, mal gibt es klassische Satch-Legato-Sweepings und -Tappings, dann wieder einen Schwerpunkt auf der Rhythmusabteilung ohne Fidelei.
    The Souls Of Distortion (Track #7) bringt düstere Schwermut mit sich. Hintergrund und die quäkige Erstgitarre vermitteln zu Beginn den Eindruck einer Endzeitstimmung. Urplötzlich bricht irgend etwas um, und man findet sich ohne nennenswerte Änderung des Arrangements in gutgelaunten Klängen wieder. Ein kleines, aber beeindruckendes Zauberstückchen.
    Weich und wohltuend klimpert Just Look Up (Track #8) ein. Die runde, tiefenbetonte Leadgitarre scheint jemand trösten zu wollen, dessen Blick nach vorne, oben, wohin auch immer lenken zu wollen. Ob man auf die Idee ohne den Songtitel auch gekommen wäre? Nein, sicher nicht, aber dafür sind die gelegentlich ja ganz gut *grins*.
    I Like The Rain (Track #9) grummelt mit einem startenden Motorrad los, es kommt Staccatopicking im Rockabillystil. Bei dem Song wird noch mal richtig Gas gegeben, besonders auf dem Höhepunkt. Gesungen wird auch, na, geshoutet und gesprochen eher, aber auf der Dirtskala gibt es für den Track acht von möglichen zehn Punkten.
    Searching (Track #10) ist mit zehn Minuten mit grossem Abstand längster Song des Albums und mit demselben Abstand mein Liebling darauf. Es geht von Tempo und Arrangementdichte sehr verhalten zu. Was der Mann sich zu Beginn aus den Fingern der linken Hand schüttelt, bereitet lediglich vor. Das blanke Entsetzen wird jeden Gitarristen beim Showdown des Songs (etwa zweieinhalb Minuten vor Schluss) packen. Wüstes Skalendreschen? Nein, technische Feinarbeit, mit dem ihn jede Chirurgie ohne vorheriges Medizinstudium einstellen muss. Und Zeit zum Anzünden der "Zigarette danach" gibts obendrein. Anhören - der Hohepriester der Saiten gibt sein Bestes!
Bei YouTube gibt es eine Live-Version des Songs:
Joe Satriani - Searching ( Live )
    Bamboo (Track #11) zu guter Letzt ist nicht viel unspektakulärer, was die spielerischen Finessen angeht. Seine Basis ist nur noch dünner, ruhiger und fliessender. Es perlt, es flötet, wüste Ausbrüche kommen nicht mehr. Mit drolligem Songtitel und Tonmaterial endet also dieses Glanzstück.

    Sogar für einen Satriani noch Oberklasse!

Strange Beautiful Music
Typ1 CD / Studio
Jahr2002
LabelSony BMG
Songs
  1. Oriental Melody
  2. Belly Dancer
  3. Starry Night
  4. Chords Of Life
  5. Mind Storm
  6. Sleep Walk
  7. New Last Jam
  8. Mountain Song
  9. What Breaks A Heart
  10. Seven String
  11. Hill Groove
  12. The Journey
  13. The Traveler
  14. You Saved My Life
    Das Album beginnt mit Oriental Melody (Track #1) wie? Richtig: orientalische Harmonien wehen einem um die Ohren. Dazu gibt es allerdings rockige Beats und einen markigen Bass, die wesentlich westlicher klingen. Ein netter vier Minuten Einstieg.
    Der Belly Dancer (Track #2) scheint davon leicht beeinflußt. Stumpf bluesrockig geht es zunächst los, mit der Zeit schleichen sich jedoch auch hier orientalische Harmonien dazwischen, der Tanz wird hoch dynamisch, endet im irrsinnigen und orgiastischen Abzappeln irgendwo zwischen Blues, Rock und Oriental.
    Die Starry Night (Track #3) ist angenehm süßlich. Mit Banjo und Westerngitarre im Hintergrund bringt sie ein wenig Südstaatenfeeling mit sich. Die Leadgitarre bleibt im Gros bluesrockig, müpft nur selten auf.

    Ein herrlicher Genuß für die Ohren folgt: Chords Of Life (Track #4). Nach weichen Oktavlicks zu Beginn und Melodien, die schon hart an der Schmalzgrenze pendeln, meint man, in Seelenruhe eindösen zu können. Wohl temperiert vermasseln einem jedoch Rhythmusfinessen und ein anziehendes Tempo das Nickerchen. Dank der stringenten Akkordfolge und Instrumental-Setups bleibt es bei einem locker-leichten Heiterkeitseinwurf.
    Mind Storm (Track #5) sorgt alsbald für Tempo und Drive. Mit seiner düsteren Stimmung und psychedelischen Leadgitarren-Sounds wird jeder Eingenickte in die Welt zürückgeholt.
    Was bringt Sleep Walk (Track #6) neues mit? Der Sound hört sich an, als wäre er ein Honeymoon-Klassiker aus den siebzigern. Die hawaiianische Slidegitarre spielt so stilecht die zuckersüßen Melodien, daß man den rosafarbenen Cadillac im Sonnenuntergang mit knutschendem Teeny-Pärchen auf dem Rücksitz vor sich sieht. Keine Haken, keine unerwarteten Überraschungen, nur friedliche Lebensfreude über zwei Minuten und fünfundvierzig Sekunden.
    Den Zenit des Albums erklimmen wir mit New Last Jam (Track #7) bassbetont, rockig, flott. Einige Tonartwechsel und rasante Soloparts bringen den notwendigen Pepp für den Aufstieg.

    Der zweite Albenteil steigt mit Mountain Song (Track #8) ein, der mich sehr an Clouds Race Across The Sky vom Vorgängeralbum (s.u.) erinnert. Mit ein paar Verschnaufpausen und anziehenden Parts erklimmen wir zusammen mit Satriani den Berg in dreieinhalb Minuten.
    Verdient wäre nun die Rast auf der Bergspitze mit freiem Blick über das umliegende Land. Von der Stimmung trifft What Breaks A Heart (Track #9) das schon ziemlich gut. Zumindest der Anfang ist getragen, ruhig und süß. Ein wenig aus dem Verschnauftrott reißt einen der Mittelteil, der mit einer Reggae-Offbeat-Rhythmusgitarre überrascht, bevor die Anfangsstimmung mit leicht erhöhtem Drive den Song beschließt.
    Zum Abstieg gibt es Seven String (Track #10). Schmissig, zügig und straight schiebt die Nummer. Der Titel? Satriani ist einer von den Gitarristen, dem die normalen sechs Saiten nicht reichen! In der Regel spielt er Siebensaiter. Was darauf an Speedskalen zu holzen ist, zeigt er hier technisch eindrucksvoll. Da dürfen Songcharisma und Abwechslung auch einmal in den Hintergrund treten!

    Jetzt bin ich gerade dem semantischen Bild vom Berg entflohen, da kommt Hill Groove (Track #11). Ich sollte Satriani mal eine Beschwerdemail schicken! *grins* Wichtiger bei diesem Song ist sowieso der Groove, der die basslastig markige Songbasis stellt, stellenweise durch eine zurückhaltende Hammondorgel unterstützt. Die mal rockige, mal bluesigere Gitarre hüpft locker-flockig umher. Vergessen wir also getrost die Berg-Thematik *puh*...

    Das finale Trio beginnt mit The Journey (Track #12). Auch wenn bei diesem und dem nachfolgenden Songtitel ein semantisches Feld nahe läge, da falle ich nicht drauf rein! Dieser Song ist abwechlungsreich, flott und mit seinen vier Minuten züzig durch.
    The Traveler (Track #13) ist der zeitliche Überflieger des Albums mit seinen fünf Minuten und vierzig Sekunden. Große Überraschungen bietet er nicht. Es bleibt bei traditionellem Satriani ohne Ausflüge in Nachbar-Genres.
    Der Abschied You Saved My Life (Track #14) gestaltet sich nicht gerade kurz, er dauert fünf Minuten. Schmerzlos bleibt er. Die Oktav-Licks reichen einem die Hand zum Abschied, ein friedliches Hin und Her der Gitarren und Melodien entläßt den Zuhörer. Keine dicken Mätzchen am Ende, aber ein versöhnlicher Ausklang, der musikalisch glücklicherweise nicht ganz so schmalzig wird, wie es der Songtitel ahnen lassen könnte - wenn vier Minuten Songdauer auch gereicht hätten.

    Wieder ein wenig traditioneller, rundum gut balancierte Songs.

Engines Of Creation
Typ1 CD / Studio
Jahr2000
LabelSony BMG
Songs
  1. Devil's Slide
  2. Flavor Crystal 7
  3. Borg Sex
  4. Until We Say Goodbye
  5. Attack
  6. Champagne?
  7. Clouds Race Across The Sky
  8. The Power Cosmic 2000 (Part I)
  9. The Power Cosmic 2000 (Part II)
  10. Slow and Easy
  11. Engines Of Creation
    Ein paar Tage ist es schon her, aber rufen wir uns doch mal die Zeit zuück vors geistige Auge! Das Jahr 2000. Was mir da zunächst einfällt: Jahrtausendwechsel, Computerprobleme bei diversen Betriebssystemen und Programmen, massenhysterische Endzeitstimmung. Was war damals musikalisch im Trend? Techno, Trance, Industrial?! Ich will mich hier niemanden mit meinen persönlichen Erinnerung langweilen; aber Satriani muß ähnliche Dinge beim Zusammenstellen des Albums im Kopf gehabt haben!

    Denn Devil's Slide (Track #1) hebt mit Synthesizersounds und Industrial-Beats ab. Auch die Gitarre ist für Satriani ungewohnt stark effektentfremdet. Nur der Mittelteil drischt in gewohnten Klängen dazwischen, bei dem sich zwei deutlich links-rechts-gepannte Gitarrenspuren duellieren.
    Auch Flavor Crystal 7 (Track #2) klingt von Drums und Bass her sehr postmodern, geht zügig durch. Nur Satrianis Klampfe bleibt klassisch: neben Distortion und ein wenig Hall gibt es keine Effektklotzerei.
    Und dann machen auf einmal die Borg Sex (Track #3). Wer die menschlich-robotisch-hybriden Wesen aus Star Trek kennt und versucht, sich die beim Fortpflanzungsakt vorzustellen, ist nah dran am Sound dieses Titels! Mechanisch, eckig, synthetisch, die Estethik kommt alleine aus dem Entsetzen des perversen Voyeurismuns. Mit knappen fünfeinhalb Minuten ein Quicky?! Naja, vielleicht stehen die Borg-Damen nicht so auf Vorspiel.*grins* Ein schaurig-phaszinierender Track!

    Was ist denn jetzt los?! Bei Until We Say Goodbye (Track #4) geht es anachronistisch zu: keine Technobeats, keine satten Effektbänke! Gut, ein paar zarte Synthiflächen binden den Hintergrund. Aber Satrianis "klassische" Gitarre zieht gebunden über wunderschöne Harmomien, das Schlagzeug hämmert klassisch-rockig, ein unkomplizierter Bass liegt dazwischen. Es geht also doch noch auf die altbackene Variante.     Scheinbar will der Musiker sich nicht zu lange in der Vergangenheit bewegen; Attack (Track #5) klingt wieder sportlich modern, die Solostrecke in der Mitte des Songs vermittelt gut zwischen den Welten.
    Und wo, um Himmels Willen, wird da wem und wann Champagne ? (Track #6) angeboten!?! Eine Bluesrock-Slidegitarre trifft auf irrsinnig rasante und metallerne Beats, daß man sich in einem Western-Saloon im Jahre 3147 auf dem Planeten Klint-O-Cyborg wähnt.

    Längster Titel, längster Song: Clouds Race Across The Sky (Track #7). Und man fühlt sich wieder daheim auf Mutter Erde. Die Rhythmuslinie ist monoton, dünn und ruhig, die Leadgitarre sehr gebunden und sphärisch. Wenn man die Augen schließt und die Litanei auf sich wirken läßt, sieht man förmlich die windgepeitschten Wolken über sich hinwegrasen. Langsam verläuft sich gen Ende die Gitarre, nur Bass und Drums bleiben noch, so daß man mit dem schwindenden Focus im Sturm mitfließt. Eine tolle, charismatische Komposition.
    Und es folgt mal wieder ein Zweiteiler: The Power Cosmic 2000 (Track #8 + #9). Der zweiminütige Part 1 ist rhythmusbetont, legato und friedlich. Der zweite Part hat wieder Technobeats, ist vom Gitarrenaufbau kantiger; die leicht angezerrte Rhythmusgitarre spielt pointierte Sechserpaket-Licks, die oktavierte Leadgitarre tobt sich auf orientalischen Skalen aus. Die Mixtur klingt nach Techno meets Buddha.
    Noch einmal geht es mit Slow And Easy (Track #10) langsam zu, dem Songtitel entsprechend. Die Klampfe geht weich flötend und harmlos über die glasklaren Beats und den synthetischen Bass. In der Mitte des Songs ein kleiner aufmunternder Spaß: die Gitarrensound verändern sich. Man meint fast, es mit einer E-Balalaika zu tun zu haben.
    Zu guter letzt kommt noch der Titelsong des Albums: Engines Of Creation (Track #11). Mit knappen sechs Minuten kein besonders nennenswertes Highlight, vielleicht einfach zu maschinell-kreativ, so wie es Song-, Albentitel und Cover wollen? Aber er bietet eine grobe Zusammenfassung der Albenthematiken, somit einen unkomplizierten Easy-Listening-Ausklang.

    Satriani präsentiert sich fit für die Klangwelt des neuen Jahrtausends.

Crystal Planet
Typ1 CD / Studio
Jahr1998
LabelSony BMG
Songs
  1. Up In The Sky
  2. House Full Of Bullets
  3. Crystal Planet
  4. Love Thing
  5. Trundrumbalind
  6. Lights Of Heaven
  7. Raspberry Jam Delta-V
  8. Ceremony
  9. With Jupiter In Mind
  10. Secret Prayer
  11. A Train Of Angels
  12. A Piece Of Liquid
  13. Psycho Monkey
  14. Time
  15. Z.Z.'s Song
    Sechs Jahre waren seit dem letzten Album ins Land gegangen. Wie fängt man da am besten an? Satriani hat sich wohl gedacht: "Knüppel aus dem Sack!"
    Up In The Sky (Track #1) springt mit einem stumpfen Walkingbass und treibendem Schlagzeug an. Satrianis Gitarre ist mit einem dicken Flanger unterlegt, geht auch ohne Vorwarnung in medias res. Zwischen urigen, leicht bluesigen Riffs gibt es gleich entrückte Skalen, aufgepeppt wird der flotte Mischmasch mit Fitzelchen von Oberton-Pickings in einem Affenzahn. Direkter geht es kaum.
    Auch House Full Of Bullets (Track #2) bleibt uptempo, die Grundstimmung ist jedoch deutlich bluesiger. Die schnell kommende ausgedehnte Solostrecke startet mit einem Legato-Sweeping-Part, steigert sich in schmierigstes Doppelsaiten-Gedresche. Angenehm temperiert ziehen Bass und Schlagzeug stumpf das Bluesschema durch.
    Und schon gibt es den Titelsong Crystal Planet (Track #3), auch er sehr zügig. In die klassische Instrumentallinie mischen sich aber deutliche Synthesizer-Klänge, die in ihren Staccatochords einen Hauch von Techno unterbringen, jedoch nicht zu sphärisch werden. Am Ende dreht der Titel ordentlich auf, eine mächtige Doublebass drischt unter die rasenden Grundton-Tappings von Satrini.
Eine Live-Version des Titelsongs bei YouTube:
Joe Satriani - Crystal Planet ( Live )

    Der Titel Love Thing (Track #4) läßt es ahnen: ein wenig ruhiger wirds. Das Basistempo des Songs ist mäßig, wird nicht zu träge. Die angenehme Besinnlichkeit zieht der Song aus den ruhigen Rhythmusgitarren, der unaufdringlichen Bass- und Schlagzeuglinie und freundlich, aber nie zu schmalzig klingenden Sologitarre.
    Ja, was den Herrn beim Titel Trundrumbalind (Track #5) geritten haben mag?! Skurril wie der Titel ist auch der Song: atypische Skalen und Harmonien werden über die straighte Bassline gespielt. Gegen Ende hört sich der Track fast an wie ein schlechter Trip auf synthetischen Drogen. Nun, Abwechslung muß sein!
    Light Of Heaven (Track #5) beginnt zwar mit einem kryptischen Intro, wechselt aber schnell auf eine rockige Thematik.
    Und wieder ein abgedrehter Songtitel: Raspberry Jam Delta - V (Track #7). Dieser zeichnet sich durch einen leicht futuristischen Touch von Industral aus. Immer wieder erklingen im Hintergrund Synthiflächen oder abgehackte Verzierungen. Der zügig hüpfende Bass sorgt für Tendenzen in die klassische Rockschiene.
    Die Ceremony (Track #8) beginnt ziemlich düster, zieht vom Tempo an und verliert ein wenig an Schwarzmalerei. Doch egal, welche Zeremonie sich Satriani beim Komonieren vorgestellt haben mag; mit Tanz in den Mai oder Valentinstag hatte die nichts zu tun.

    Es kommt der längste Song des Albums: With Jupiter In Mind (Track #9), der fast sechs Minuten auf die Waage bringt. A propos Waage; die Schwerkraft des gleichnamigen Planeten hat scheinbar auch Einfluß auf Satrianis linke Hand ausgeübt. Wer einmal unübliche Harmonien hören will, sollte sich diesen Track zu Gemüte führen.
    Der Secret Player (Track #10) ist gebunden. Die flötende Gitarre im Hintergund tänzelt um den vordergründigen Bass, das Schlagzeug hämmert unverschnörkelt und geradeaus auf den Beat.
    Was mag man sich bei dem Songtitel A Train Of Angels (Track #11) vorstellen? Das jedenfalls nicht. Denn der Song legt mit Militärtrommeln los, wird dann rockig und von den Harmonien schon bald schwülstig. Ein paar kleine unerwartete Dreher an der Harmonieschraube bringen ein wenig frischen Wind in den Zug der Engel.

    Das letzte Albendrittel beginnt mit A Piece Of Liquid (Track #12), wieder ein knapper Dreiminüter. Sein Titel legt schon die Nichtgreifbarkeit auf; das Arrangement bleibt dünn, schöne Oktav-Pickings bilden Anfang und Ende des Songs.
    Der Psycho Monkey (Track #13) ist breit und schwammig. Der übersteuerte Bass und die ridebeckenlastigen Drums erinnern am ehesten an Punk oder Grunge. Auch die meist im Hintergrund stehende Gitarre paßt sich an, nur in der Mitte gibt es Ausbrüche, an denen man den "Satriani inside" erkennt.
    Mit Time (Track #14) gibt es kurz vor Ende noch einmal einen Fünfminüter, der wieder sehr untypisch ist. Die tickenden Shuffles auf der Hi-Hat zusammen mit der düster-trockenen Distortiongitarre vermitteln keine gute Laune. Dazu kommen übelste Rhythmusbrüche: der erste abweichende Teil wechselt in ein 6/8 Metrum, dann wieder die anfängliche Shufflestrecke, zum Ende kommt eine treibende Gerade des Schlagzeugs, über die Satriani Achteltriolen arpeggiert. Die Zeit scheint einem förmlich durch die Finger zu rinnen, der Song ist trotz seiner Länge sehr kurzweilig!
    Und bei diesem Album? Nein, es gibt nicht den längsten Track als Ende, sondern diesmal den kürzesten. ZZ's Song (Track #15) ist nur geschlagene drei Minuten lang, würde Dank seines Titels wohl auch in jeder gemischten Playlist das Ende darstellen. Ob man hier noch von einem Song sprechen darf, wäre eine Diskussionsbasis. Nur eine perlende Cleangitarre ist zu hören, ein dünner Flanger und Delay liegen immerhin noch drauf. Im Grunde besteht der Titel nur aus einer Akkordfolge, die langsam und unscheinbar gezupft wird. Wenige Stellen hauchzarten Crescendos oder mit variierenden Basssaitenläufen bringen Unterschied in die sich wiederholende Akkordfolge. So unspektakulär der Song für sich ist, so angenehm ruhig und schön gespielt ist er. Geht in Ordnung!

    Klassischer Satriani gemischt mit neuen Einflüssen.

The Extremist
Typ1 CD / Studio
Jahr1992
LabelSony BMG
Songs
  1. Friends
  2. The Extremist
  3. War
  4. Cryin'
  5. Rubina's Blue Sky Happiness
  6. Summer Song
  7. Tears In The Rain
  8. Why
  9. Motorcycle Driver
  10. New Blues
    Es geht wieder knapper und greifbarer zu als beim vorigen Album (s.u.). Friends (Track #1) eröffnet in gewohnter Manier mit einer netten Bluesrocktendenz, unnötige Frickeleien sind im Dreieinhalbminüter nicht nötig. Auch der Titelsong The Extremist (Track #2) ist unkompliziert, startet mit etwas mehr Rockschwerpunkt, bekommt mit der Zeit aber auch seinen Bluestouch weg; Harpsounds mischen sich beispielsweise unter die Gitarre. War (Track #3) ist erstmals ein deutlich längerer Song, der an der Sechminutengrenze knabbert. Der Anfang des Titels tut sich durch orientalische Harmonien auf der Gitarre hervor, der Mittelteil wird ein wenig krawalliger, gen Ende erklingen abermals die verspielten Orientalklänge.
    Bei Cryin' (Track #4) geht es gemächlich zu. Die flötende Leadgitarre bringt einen melancholischen Hauch, ruhiges Drumming und ein markiger Bass tragen diese Stimmung mit. Ohne groß auf die Tube zu drücken folgt ein gleichfalls melodiöser B-Part, besinnlich endet die Nummer als slightes Easy-Listening.
Gleich reinhören und sehen? Eine Live-Version bei YouTube:
Joe Satriani - Cryin' ( Live )

    Zur Halbzeit kommt der erste Sechminüter in Form von Rubina's Blue Sky Happiness (Track #5). Songintro und -basis stellen akustische Westerngitarrensounds. Abgesehen von ein paar flotteren Stellen bleibt der Song gemäßigt, seine fröhlichen Harmonien passen gut zum Songtitel: ein einfach nur zufriedenes Der-Himmel-ist-blau-Lächeln möchte einem zu Gesichte steigen. Auch wenn kurz vor Schluß auf moll-Akkorde gewechselt wird, ist das kommende Gewitter noch in weiter Ferne...

    Die zweite Hälfte steigt mit dem Summer Song (Track #6) ein. Die Harmonien sind sehr straight, klingen beinahe nach einem platten Bluesschema, doch die Leadgitarre zieht sofort zügig an. Noch vor der Songmitte gibt es einen B-Teil, der aus dem Trott reißt, das Ende verfällt wieder der bluesrockigen Lage. Kein besonderer Kracher, aber einfach nett temporeich und mit seinen fünf Minuten zeitlich gut abgepaßt.
    Ein wirklich strahlender Stern kommt mit Tears In The Rain (Track #7), mit einer Minute und zwanzig Sekunden wieder einer dieser herrlichen Quickies. Der Song besteht nur aus einer leicht hallunterlegten, glasklaren und weichen Nylongitarre, die bittersüße Akkorde in flüssigen Arpeggios bringt. Keine Schnörkel und Ausbrüche, einfach nur traumhaft gespielt.
    Natürlich darf der Folgesong da nicht gleich unvermittelt losknüppeln. Why (Track #8) beginnt mit leichten Flageolett-Tönen, die sich auch ein wenig regentropfig anhören. Selbst wenn der Song schnell anzieht, bekommt die Stimmung keinen Bruch. Der Track bleibt bassbetont und einfach, selbst wenn zwischendurch die Leadgitarre ein wenig holzt, kommen schnell wieder ruhige Passagen.

    Gen Albenende muß natürlich noch einer vom Stapel gelassen werden. Mit Motorcycle Drive (Track #9) geht es unverblümt auf die straighte Rockerpiste. Nach dem Warmlaufen des Motors wird richtig Gas gegeben. Nicht nur Satriani bolzt streckenweise wie blöde, sondern zieht die gesamte Musiker-Gang mit sich. Geradeaus, schnell, stimmungsmachend - einfach fein.
    Und wieder gibt es den längsten Song am Ende. New Blues (Track #10) grenzt knapp an die sieben Minuten. In der Tat gibt sich der Titel sehr behäbig und bluesig. Nicht nur die gezupfte Gitarre und die Bluesskalen der Rhythmusgitarre bluesen, auch Bass und Schlagzeug passen sich gut an. Passagenweise gibt es recht rockig einen auf die Omme, immer wieder kehrt aber das Leitmotiv des Songs zurück. Die Auslaufzone von Song und somit Album ist angenehm langatmig und schwimmend, nach und nach verklingen die Instrumente, bis nur noch ein leiser Bass und die zupfende Gitarre über sind. Ein netter Ausklang.

    Einfach guter Satriani!

Flying In A Blue Dream
Typ1 CD / Studio
Jahr1989
LabelSony BMG
Songs
  1. Flying In A Blue Dream
  2. The Mystical Potato Head Groove Thing
  3. Can't Slow Down
  4. Headless
  5. Strange
  6. I Believe
  7. One Big Rush
  8. Big Bad Moon
  9. The Feeling
  10. The Phone Call
  11. Day At The Beach (New Rays From An...
  12. Back To Shalla-Bal
  13. Ride
  14. The Forgotten (Part One)
  15. The Forgotten (Part Two)
  16. The Bells Of Lal (Part One)
  17. The Bells Of Lal (Part Two)
  18. Into The Light
    Dieses Album war Satrianis kommerzieller Durchbruch. Der Charakter dieses Werkes unterscheidet sich deutlich von dem des Vorgängers (s.u.).

    Die ersten beiden Einpeitscher kündigen es an: insgesamt geht es hier epischer und länger zu, alleine schon von der Trackanzahl gibt es mehr zu erleben.
    Das erstaunlichste Novum kommt bei Can't Slow Down (Track #3). Der Maestro darselbst singt! Es sind nicht viele Songs, bei denen Satriani singt. Er singt nicht wirklich schlecht, natürlich trifft er seine Töne. Aber seine Stimme ist dünn, hat auch keinen großen Wiedererkennungswert oder besondere Nuancen. Im Ganzen bleibt es bei einigen Experimenten in diese Richtung, letztlich muß man feststellen: was immer dieser Musiker vermitteln will - er tut es via Gitarre besser als mit mittelmäßigen Lyrics.
    Um zu dieser Phase auch was Positives festzustellen: der Song I Believe (Track #6) ist wirklich schön, mit nahezu sechs Minuten auch der längste des Albums. Der Text ist leicht philosophisch - Sinn des Lebens und so, nichts wirklich Berauschendes, aber Gesang und Text passen sehr gut in den Song, der sehr ruhig und getragen ist. Für mich der schönste Gesangsausflug Satrianis.
Der Videoclip bei YouTube:
Joe Satriani - I Believe

     Kleine Einwürfe, die nur um die eine Minute pendeln, lockern immer wieder das Werk durch Insrumental-Variationen und untypische Ideen auf: Headless (Track #3) und The Feeling (Track #9), mal geht es in den Tracks sehr funky zu (Strange [Track #5]), dann erklingen im Hintergrund Banjo-Klänge und die Grundstimmung wechselt wie in The Phone Call (Track #10) schon bald zum Country. Natürlich dürfen die vom Bluesrock geprägten Titel wie Ride (Track #13) nicht fehlen.

    Zur Endphase des Albums gibt es hinter einander zwei Zweiteiler: The Forgotton (Track #14 + #15) und The Bells Of Lal (Track #16 + #17), bei denen virtuos gezaubert wird.
    Der letzte Song Into The Light (Track #18) geleitet mit seinen zweieinhalb Minuten den Hörer auf einer theatralischen Schmalzspur aus Synthesizerflächen und dahinkriechenden Melodielinien der Gitarre hinaus. Der Spaß sei dem Herrn Satriani verziehen! *grins*

    Satriani ganz anders als auf dem Vorgänger. Ein vielseitiges Werk!

Surfing With The Alien
Typ1 CD / Studio
Jahr1987
LabelSony BMG
Songs
  1. Surfing With The Alien
  2. Ice Nine
  3. Crushing Day
  4. Always
  5. Satch Boogie
  6. Hill Of The Skulls
  7. Circles
  8. Lords Of Karma
  9. Midnight
  10. Echo
    Das Album legt mit drei mehr oder weniger straighten Rock-Blues-Tracks (Surfing With The Alien [Track #1], Ice Nine [Track #2], Crushing Day [Track #3]) los, die zügig losflitzen und einen schnellen Einblick in Satrianis Virtuosität bringen. Große Überraschungen sind zunächst nicht zu erwarten.

    Dies ändert sich schlagartig mit Always (Track #4): eine klare 6/8 Linie mit der Staccatogitarre legt in eingängigen Arpeggios die Basis für den dreiminütigen Song. Nach einigen Takten gesellt sich eine nicht übermäßig verzerrte Leadgitarre dazu, die das Leitmotiv des Songs, mit dickem Ton und hauchdünnem Hall unterlegt, vorstellt. Das Metrum geht konstant weiter, doch bereits nach einer Minute findet ein feiner Tonartbruch statt, nach einer weiteren Minute wird nach dem Ende einer Legato-Tappingstelle ein merkliches Crescendo aufgebaut, eine funkige Rhythmusgitarre gesellt sich zum Höhepunkt dazu. Wohl dosiert klingt der wundervolle Dreiminüter herunter, so daß es zu keinen langweiligen Wiederholungen kommt. Ein wundervolles Highlight des Albums!
Gleich reinhören und sehen? Der offizielle Videoclip bei MyVideo.de:
Joe Satriani - Always (Always With Me, Always With You)
    Beim Satch Boogie (Track #5) wird wieder rangeklotzt. "Satch" ist ja der Spitzname von Satriani. Einen Hauch von Boogie gibt es zu Beginn des Stücks auch, aber die Stimmung kocht schnell hoch. Die Basis des Tracks ist die furztrockene Leadgitarre mit ihrem Leitthema, das sehr schnell ins Ohr geht und hohen Wiedererkennungswert hat. Der Abschluß des dreiminütigen Songs geht wieder in eine bluesrockige Stimmung über.
    Es folgt mit Hill Of The Skulls (Track #6) ein witziges Intermezzo; es wird eine pseudodüstere Stimmung gegeben, die ein wenig an den Jüngsten Tag erinnern soll?! Mit unter zwei Minuten ein netter Spaß mittendrin.

    Die nächste ruhige Nummer kommt. Circles (Track #7) beginnt mit einem metronomisch hellen Klicken, das dem Zuhörer eine Minute Zeit gibt, sich in den Takt einzufühlen. Die Gitarre ist mit einem leichten Flanger und Hall unterlegt und spielt eine schönes Pickingschema, das mit feinen Slides verfeinert wird. Nach einer guten Minute trommelt dann das Schlagzeug los, die Gitarre steigt auf rasante Bluesskalen und ruppige Distortion um, auch der Bass zieht mächtig an. Nach der einminütigen Wüterei kehrt der Song zum anfänglichen Pickingthema zurück und klingt sphärisch mit Synthesizerflächen aus.

    Das finale Drittel steigt mit Lords Of Karma (Track #8) sehr skurril ein. Die Glocken und Gongklänge zu Beginn hören sich am ehesten nach buddhistischer Meditation an. Die Gitarre hingegen knüppelt ziemlich wüst dazwischen, der Song bleibt harmonisch die ganze Zeit in diesen fremdartigen Harmonien. Auch mal wieder etwas komplett neues.
    Der vorletzte Song Midnight (Track #9) ist mit einer Minute und vierzig Sekunden der kürzeste des Albums, doch er zeigt wieder einmal, daß es nicht immer auf die Länge ankommt! Obwohl er ein hohes Basistempo hat, was die BMPs angeht, hält er sich ruhig. In irrsinnigem Tempo tappt Satriani beidhändig die Basisharmonien auf einer glasklaren Gitarre, die nur noch eines leichten Halleffekts bedarf, weil sein Legatospiel alleine trotz des Tempos wahnsinnig gebunden ist. Nur im auflebenden Mittelteil kommen zur Gitarre hauchdünne Percussions und ein paar Synthisounds dazu. Nach dem B-Teil gibt es eine Sekunde der absoluten Stille, bevor der zauberhafte Track mit dem Wiederaufgreifen des Anfangsthemas endet. Wow!
Eine Live-Fassung bei YouTube:
Joe Satriani - Midnight ( Live )
    Das dicke Ende heißt hier Echo (Track #10), denn mit seinen fünfeinhalb Minuten hat sich Satriani den längsten Songs fürs Ende aufgespart. Außergewöhnlich ist das Metrum dieses Tracks; er hält sich an das 5/4 Maß, das allerdings gut verpackt ist, auf diese Weise nicht sperrig oder gekünstelt wirkt. Ein uriger Bass hämmert markig durch den ganzen Track durch und pointiert gekonnt. Die typische Satrianiklampfe wütet ab und an, dann gibt es wieder ruhigere Parts mit feinen Obertönen und gebundener Ruhe. Letztlich wirkt der Song tatsächlich wie der Nachhall des Albums, so daß der Titel ganz stimmig erscheint...

    Tiefer Kniefall: Meister, wir huldigen Dir!

Not Of This Earth
Typ1 CD / Studio
Jahr1986
LabelSony BMG
Songs
  1. Not Of This Earth
  2. The Snake
  3. Rubina
  4. Memories
  5. Brother John
  6. The Enigmatic
  7. Driving At Night
  8. Hordes Of Locusts
  9. New Day
  10. The Headless Horseman

G3 - Live In Tokyo (2005)
Joe Satriani • Steve Vai • John Petrucci
Typ1 DVD / Live-Konzert
Jahr2005
LabelSony BMG Music Entertainment
DVD • Bildformat: Pal 16:9
• Tonformat: Dolby Stereo
• Sprache: Englisch

• Spieldauer: ca. 108 Minuten
Tracks
  1. Glasgow Kiss (Petrucci)
  2. Damage Control (Petrucci)
  3. The Audience Is Listening (Vai)
  4. Building The Church (Vai)
  5. K'm-Pee-Du-Wee (Vai)
  6. Up In Flames (Satriani)
  7. Searching (Satriani)
  8. War (Satriani)
  9. Foxy Lady (G3 Jam)
  10. La Grange (G3 Jam)
  11. Smoke On The Water (G3 Jam)
    Dies ist eine der späteren DVDs vom G3, es gibt für Interessierte also noch weitere, die sich vor allem in der Besetzung der Gitarristen und damit der Stile sehr unterscheiden. Mit dabei natürlich ist jedesmal Urheber des G3, Ausnahmegitarrist Joe Satriani. Diese Konzertaufzeichnung stammt vom 8.Mai 2005 und wurde im Tokyo Forum aufgezeichnet.
    Mit ihm zusammen wieder einmal auf der Bühne sein ehemaliger Schüler Steve Vai, der seinem ehemaligen Lehrmeister in Sachen technisches Können in nichts nachsteht, allerdings einen musikalisch etwas anderen Sologitarrenstil verkörpert, und Saitenzauberer John Petrucci, der junge Gitarrero der u.s.-amerikanischen Progressive-Erfolgsband Dream Theater.

    Viel Schnickschnack gibt es nicht zu sehen, bevor es in medias res geht. Ein kurzer Schwenk durch die Zuschauermenge kommt, bevor Opener John Petrucci mit knapper Ansage loslegt. Mit an seiner Seite übrigens Bandkollege Mike Portnoy am Schlagzeug, der auch bei den späteren Tracks zum Einsatz kommt. Einen kleinen Bruch mit dem Ursprungskonzept des G3 gibt es hier auch, denn eigentlich steht das für: drei Gitarristen mit je dreien (!) ihrer eigenen Songs, am Ende dann der Jam über drei Coversongs mit allen Gitarristen zusammen. Petrucci spielt hier lediglich zwei seiner Songs vom damals frischen Soloalbum Suspended Animation. Wobei man mit dem siebenminütigen Glasgow Kiss und dem neunminütigen Damage Control genügend Melodie, Groove und atemberaubendes Saitengeflitze geboten bekommt, so daß der fehlende dritte Song nicht sonderlich schmerzt. John Petrucci macht einen frischen und angenehm unverkrampft lockeren Eindruck während seiner zwei Songs, konzentriert sich in Jeans und schwarzem Hemd vor allem auf sein Spiel. Auf reisserische Show verzichtet er komplett, dafür gibt es hier erstmals einige schöne Kamerafahrten auf die flitzenden Gitarrenfinger zu sehen, wobei die Bildführung nicht nur an die staunende und sabbernde Gitarrenszene denkt, sondern auch viele Totalen einfängt, so daß der Rest des Bühnengeschehens und der Atmosphäre im Konzertsaal nicht verloren gehen.
    Mehr Entertainment, auch in optischer Hinsicht, bringt von Anfang an der folgende Gitarrero Steve Vai. Seinen funkig-spritzigen Song The Audience Is Listening eröffnet er im Dunkeln mit dem menschliche Stimme immitierenden Quietschen seiner Gitarre, auf das das Publikum verzückt antwortet. Mit ventilator- verwehten langen Haaren, rasenden Tappings, wüsten Wechseln zwischen Gitarre, Bass und Schlagzeug und einer extrem ans Spielen gekoppelten Mimik wird hier geklotzt, nicht gekleckert. Im Gegensatz zum etwas wortkargen Vorgänger hält er nach diesem Song eine kleine Ansprache an das Publikum, die mit viel Freude und Applaus aufgenommen wird. Über die schon anlaufenden Drums wird noch die Band vorgestellt, bevor das harmonisch und rhythmisch extrem abgedrehte Building The Church beginnt. Ein weiterer Hingucker hier: Vai hat bei seiner modernen Ibanez E-Gitarre die Inlays (die üblichen Markierungspunkte auf dem Gitarrenhals) durch blau leuchtende Lampen ersetzen lassen, die sich auf der leicht abgedunkelten Bühne sehr stylisch machen. Der Song wird zu einer wüsten Technikorgie inklusive Anspiel mit den Zähnen, wohl eine kurze, aber deutliche Hommage an den Großmeister Jimi Hendrix. Sein letzter Song K'm-Pee-Du-Wee ist harmonisch ungefähr so abgedreht wie sein Titel, ist längst nicht mehr so wuchtig rockig wie die Vorsongs, aber ein sehr charismatischer Finalizer für seine Solostrecke.
    Dann kommt der G3-Initiator himself, Joe Satriani. Vom optischen Aspekt her nicht ganz so aufgedreht wie sein Vorgänger, aber mit freakiger Kopfbedeckung und Sonnenbrille (es ist sowieso schon nicht sehr hell auf der Bühne) auch auf seine Art ein Hingucker. Bereits beim ersten Song Up In Flames werden die stilitischen Unterschiede der zwei Gitarristen deutlich. Satch ist deutlich näher an Rock und Blues gebunden als sein ehemaliger Schüler Vai, der weit mehr mit orientalischen Skalen arbeitet. Die Gleichheiten zeigen sich hingegen wieder bei Tempo, Spielgenauigkeit und den irrsinnigen Spielvarianten mit Tremolohebel, Sweeping und Tapping. Nach dem rockigen und mitreissenden Opener gibt es warme Worte auch von ihm ans Publikum, zu Beginn sogar einige Brocken auf Japanisch. Der folgende Titel Searching hat einen meisterhaft ausgearbeiteten Spannungsbogen, beginnt sehr verhalten und sphärisch, wird in der Mitte sehr schnell und technisch, kriegt am Ende den Bogen zu den sphärischen Klängen und Anfangsthemen zurück. Hier sind im Vergleich zur Studioversion (von der Is There Love In Space [2004], siehe oben) einige Abweichungen für die Livepräsentation eingebunden. Bei seinem letzten Solotitel War geht es wieder merklich rockiger zu Werke.
    Es folgt der große Showdown aus den Coversongs Foxy Lady (Jimi Hendrix), La Grange (ZZ Top) und Smoke On The Water (Deep Purple). Das Rezept ist hier bei allen Songs dasselbe: kurz wird das Leitthema angespielt, was den meisten Zuhörern sowieso geläufig sein sollte, dann wird zunächst einzeln reihum von jedem der drei Gitarristen soliert, schließlich gibt es einen krachenden Showdown für jeden Song, in dem sich alle Gitarristen synchron die Läufe, Licks und Riffs um die Ohren ballern. Ab und an ist es wirklich ein wenig zu dick aufgetragen, wenn alle drei gleichzeitig wüst in die Saiten dreschen. Auch ist man gelegentlich das sich ständig wiederholende Thema satt, das fast gnadenlos totgenudelt zu werden scheint. Aber der direkte Vergleich und die wunderbaren Ergänzungen der drei Stilarten der technisch perfekten Instrumentalisten kann zumindest streckenweise immer wieder begeistern. Zum Kennen- bzw. Liebenlernen des jeweiligen Songs ist diese Art von Auftritt schießlich auch nicht vordergründig konzipiert...

    Für jeden Gitarristen sicher ein Hochgenuß, Inspiration und zu setzende Zielmarke, die man sich immer wieder ansehen und -hören kann! Auch jeder Rockfan oder Anhänger der einzelnen Gitarristen (und Bands) kommt voll und ganz auf seine Kosten. Die Kameraeinstellungen und Optik der recht unverschnörkelten DVD gehen in Ordnung, der Sound ist makellos gut. Als kleines Bonus-Feature erzählt jeder der drei Herren zu Videosequenzen der Vorbereitung seine persönlichen Eindrücke und aktuellen Umstände dieses G3-Events, ausserdem ist noch der Soundcheck mit als Bonus dabei. Wie gesagt, viel Drumherum wird nicht dazugeliefert, aber das Wesentliche ist auf jeden Fall da!