Musik > Musiktips > Progressive > Dream Theater

Dream Theater : Alben

  Hier sind nur die Studioalben aufgeführt. Andere Werke (Singles, EPs, Live-CDs, Videos und DVDs etc.) finden sich über die Links !


A Dramatic Turn Of Events
Typ1 CD / Studio
Jahr09.09.2011
LabelRoadrunner (Warner)
Songs
  1. On The Backs Of Angels
  2. Build Me Up, Break Me Down
  3. Lost Not Forgotten
  4. This Is The Life
  5. Bridges In The Sky
  6. Outcry
  7. Far From Heaven
  8. Breaking All Illusions
  9. Beneath The Surface

Black Clouds & Silver Linings
Typ1 CD / Studio
Jahr2009
LabelRoadrunner (Warner)
Songs
  1. A Nightmare To Remember
  2. A Rite Of Passage
  3. Wither
  4. The Shattered Fortress
  5. The Best Of Times
  6. The Count Of Tuscany
    Das überwiegend dunkle Cover und der Albentitel Black Clouds & Silver Linings liessen mich zunächst vermuten, daß die Band die Spur der letzten Alben weiter fortführen und sich gefährlich nah an der Grenze des Machbaren in Sachen Härte bewegen würde. Zwar war der Vorgänger Systematic Chaos (s.u.) musikalisch wasserdicht - wie bislang alle Alben der Band -, doch es fehlen mir wesentliche Merkmale der Band, die ich speziell bei den älteren Scheiben sehr geschätzt habe. Dennoch gab es für mich kein Zögern, diese Platte ungehört zu kaufen und mich überraschen zu lassen, ob für meinen Geschmack die "dunklen Wolken" oder vielleicht doch der "Silberstreif" am Horizont überwiegen würden. Mal sehen -- beziehungsweise lesen...

    A Nightmare To Remember (Track #1) legt mit satten sechzehn Minuten einen saftigen Prog-Klotz als Opener vor. Los geht es mit Regenatmosphäre und Donnergrollen im Hintergrund, dann gruselfilmreifen Synthesizerchören, Trommelfeuer auf der Doublebass und saftigen Gitarrenriffs. Der klangliche Einstieg ist düster und böse, aber nicht zu ruppig, die Riffs sind geordnet und sauber. Vor allem geht es textlich sehr authentisch zu, der "erinnerungswürdige Alptraum" ist die musikalische Verarbeitung eines Autounfalls, den Gitarrist John Petrucci in früher Kindheit miterlebt hat. Bei dem krachenden Anfang des Songs geht es also nicht um irgendwelche fiktiven dunklen Gestalten, sondern schlicht um den Schrecken eines plötzlichen Unfalls, der einen aus heiterem Himmel ereilt und im schlimmsten Fall das komplette Leben umwerfen kann. Schon nach kurzer Zeit flacht der Horror auch musikalisch merklich ab, es wird sphärischer, melodiöser und ein wenig psychedelisch. Denn es wird die bizarre Szenerie beschrieben, in der sich eins der Unfallopfer im Krankenhaus in einer Atmosphäre zwischen Schmerz, Sorgen um sich selbst und die anderen Unfallopfer, Gesprächen mit den Ärzten und, allem voran, Schmerz- und Beruhigungsmitteln wiederfindet. Gegen Ende dreht der Song wieder ein wenig auf, auch darf Schlagzeuger Mike Portnoy wie bei den letzten Alben gelegentlich pseudo-böse grollen, aber Melodie, weite Instrumentalstrecken und die passende Geschichte behalten klar die Oberhand in diesem Starter des Albums, der mit demselben abklingenden Regen und Gewittergrollen endet, mit dem er losging.
    A Rite Of Passage (Track #2) ist ein achtminütiges Zwischenspiel, das ich inhaltlich nicht ganz fassen kann, es geht textlich abstrakt und ein wenig mystisch zu. Tempo und Druck sind ungefähr so wie beim ersten Song, aber es gibt noch mehr ohrgängige Riffings und Hooklines. Dieser Song wurde schon vor der Albenveröffentichung als Single ausgekoppelt und ist im Gesamtkontext des Albums für mich ein mittellanger Einzelläufer, der vor allem mit seinen Solopassagen (Gitarre und Keyboard) und rhythmischen Finessen überzeugen kann, so daß mich die lyrische Thematik nicht weiter stört.
    Wither (Track #3) auf der drei ist mit fünfeinhalb Minuten mit Abstand der kürzeste Song der Platte, eine Ballade. Instrumentalisierung und Melodien schrammen für viele andere Rezensenten hart an der Linie zum Schmalz. Auch ich gebe zu, daß es stellenweise sehr theatralischen und klanglich episch zugeht. Aber ich finde den Song sehr gelungen, ein Klangstil, wie man ihn von der Band besonders von den ersten Alben bis zur Falling Into Infinty (1997) [s.u.] kannte und schätzte. Ruhig und gediegen plätschert der Song leicht schwermütig vor sich hin. Wer - wie ich - nicht direkt etwas mit dem englischen "wither" verbinden kann; es heisst so viel wie "austrocknen" oder "verdorren". Ein schönes Highlight in dem sonst recht gradliniegen Track ist eine Bridge kurz vorm Showdown, in der Sänger James LaBrie seine Gesangslinie wunderbar oktaviert doppelt. Wer diesen Song zu schmalzig findet, kann sich mit dessen Kürze trösten. Ich finde ihn jedesmal wunderbar entspannend und einen herrlichen Anachronismus, in dem die Band die Klänge ihrer Anfänge mit neuem Songmaterial erneut zum Leben erweckt. Schön!
    Shattered Fortress (Track #4) blendet mit ruppigen Drums, Gitarrenriffs und Keyboardsphären ein. Hier kommt besonders Drummer Mike Portnoy wieder zu Shouts bzw. Wort, denn der Track ist auf "seinem Mist gewachsen". Es ist der letzte Teil seiner sich über mehrere Alben ziehenden muskalischen Verarbeitung seiner überwundenen Alkoholsucht früherer Jahre. So bekommen wir die verknüpften Themen und Phrasen aus vielen Songs wie The Glass Prison (Six Degrees Of Inner Turbulence [s.u.]), This Dying Soul (Train Of Thought [s.u.]), The Root Of All Evil (Octavarium [s.u.]) sowie Repentance (Systematic Chaos [s.u.]) hier als Abschluß des weit gesteckten Zirkels schön miteinander verbunden auf die Ohren. Speziell für Kenner der gesamten Diskographie der Band ein lohnender Ohrenschmaus, der seine fast dreizehn Minuten zwischen schnellen und ruhig-melodischen Phasen pendelt.
    The Best Of Times (Track #5) ist jetzt so etwas ähnliches wie eine Ballade, auch dieser Song geht prinzipiell auf den Schlagzeuger zurück. Er ist dessen Vater Howard Portnoy gewidmet, der im Frühjahr 2009 während der laufenden Aufnahmen dieses Albums verstarb. Und ihm verdankt die Band nicht nur ihren Drummer, sondern auch ihren Namen! Zunächst herrschen zu Songbeginn zwanzig komplette Schweigesekunden, bevor ein Piano beginnt, zu dem sich langsam Streicher und die anderen Instrumente gesellen. Besonderes Instrumentenhighlight ist eine echte Geige im Intro und Songausklang, die von Gastviolinist Jerry Goodman eingespielt wurde. Der instrumentale Anfang ist ruhig und melancholisch, doch nach einer kurzen Einleitung von Violine, die durch schöne Akustikgitarrenläufe abgelöst wird, wird es plötzlich belebt und heiter. Dieser Song ergeht keineswegs in Trübsal, sondern zeigt uns heitere Erinnerung an die schönen Momente im gemeinsamen Leben, wie es der Songtitel schon ankündigt. Auch wenn immer wieder traurig klingende Passagen auftauchen, überwiegen Dankbarkeit und Glück über die schönen Erinnerungen musikalisch. Besonders toll ist, daß die Band es schafft, die eindeutige Hommage an den Vater ihres Schlagzeugers textlich wie instrumental mit Themen dieses Albums (der plötzliche Autounfall aus dem Opener wird wieder eingeblendet) zu koppeln. So kommen in der mittigen Instrumentalstrecke Phrasen und Themen der Scheibe Six Degrees Of Inner Turbulence (s.u.) wieder vor. Das Ende des Dreizehnminüters ist bombastisch und feierlich, bis zum langsamen Fadeout des Songs darf Gitarrero John Petrucci über prachtvolle Melodiebögen sweepen. Alles in allem ist dieser musikalische Nachruf eine gekonnt ins Album eingepasste Feier, die statt der Tränendrüsendrückerei voll auf das Positive des Lebens setzt.
    The Count Of Tuscany (Track #6) ist mit neunzehneinhalb Minuten (!) das wuchtige Prog-Ende der sowieso schon tollen Platte, mein Favorit mit Abstand! Mit klaren Gitarrenarpeggios, Leadgitarre und kleinen Synthesizereinwürfen geht es über die ersten vier Minuten langsam los, bevor die Geschichte überhaupt startet. Geschichte? Ja, es wird hier eine kleine Geschichte zum Besten gegeben. Nach dem ruhigen und melodiösen Anfang wird der Ton ruppiger. Das lyrische Ich singt davon, wie es vor Jahren in "einem fernen, fremden Land" einen exzentrischen jungen Mann kennenlernt, eben den Graf der Toskana. Dieser lädt den Fremden spontan zu einer Spritztour im Auto zu seinem Heimatschloß ein. Nach einer Fahrt durchs unbekannte Gebirge und staubige Pisten kommen beide dort an, langsam scheint alles immer mehr wie in einem klassichen Gruselfilm zu werden. Angekommen auf der Burg, taucht der ältere Bruder des Grafen auf, der pfeiferauchend wie ein Geist aus vorigen Jahrhunderten wirkt. Dem Reisenden ist schon hier nicht mehr geheuer, doch er wird vom Grafen in den Burgkeller an einen düsteren Altar geführt, schauerliche Geschichten aus längst vergangenen Kriegen werden erzählt, in denen Soldaten Zuflucht im Weinkeller der Burg suchten, dort aber elendig verstarben. Mittlerweile fürchtet der Reisende, die Gemäuer nie wieder lebend zu verlassen. Man könnte bis zur Songmitte bald glauben, die Band habe den Grafen Dracula von Transylvanien kurzerhand in die Toskana verfrachtet! Also ein gruseliges Horroszenario zum Ausklang dieser Platte? In der Songmitte wird es plötzlich dünner, nachdenklicher, sphärischer, der Schrecken weicht der Hilflosigkeit, es wird friedlich, wunderbare Melodiebögen spannen sich bei ruhiger Instrumentalisierung. Wie geht unser Gruselmärchen aus? Bleiben Sie dran, weiter nach der Werbung *grins*. In der Stille des beginnenden Songendes wendet sich jener Besucher an den Grafen, macht seine Todesangst klar, hat er doch nichts mehr zu verlieren. Jener Graf ist entsetzt, bemerkt erst jetzt die Angst, die das fremdartige Szenario seinem Gast wider Willen beschert hat. Er entschuldigt sich für die bizarre Erscheinung seines altertümlich wirkenden Bruders und die Schauergeschichten aus Kriegsvergangenheiten. Er versichtert, dem Gast kein Leid zufügen zu wollen. Sein einizges Interesse bestehe darin, daß die Welt von seiner Familie erfahre und durch den sicher erleichterten - und weiterlebenden! - Gast die Geschichten um Kriegsdramen weit über die Grenzen der Toskana verbreitet werden. Hier wollte jemand auf sich, seine Mitmenschen und erschütternde Schicksale aufmerksam machen, ist zunächst leider nur vollkommen missverstanden worden. Musikalisch ist der Schluß dieses Songs weit von dem Gruselszenario und harten Riffings des Beginns entfernt, einfach nur traumhaft schön als Happy End komponiert und eingebunden. Musikalisch und inhaltlich wird in diesem Song stellvertretend für die gesamte Platte am Ende also eindeutig der Silberstreif am Horizont akzentuiert, der die dunklen Wolken vergessen machen wird...

    Die Band langt noch manchmal hart zu, wie es seit der Train Of Thought (s.u.) immer wieder der Fall in unterschiedlichen Ausprägungen war. Aber es findet eine deutliche Rückbesinnung auf die "wahre Seele" der Band statt. Es wird nicht mehr an der Düstergrenze mit merklichen Anleihen bei anderen Bands experimentiert, sondern auf eigenem Terrain sicher gearbeitet. Vor allem wird hier nicht mehr von abstrakten dunklen Gestalten gesungen, sondern es menschelt wieder nachvollziehbar in den Lyrics. Es geht um persönliche Erlebnisse, Trauer, Hoffnung, Freude. Mein besonderes Lob muß ich speziell bei dieser Scheibe an Sänger James LaBrie erbringen, der an keiner Stelle versucht, sein Stimm- potential zu überreizen, sondern in bester Manier eine überzeugende Arbeit abliefert.
    Eine kleine Nörgelei noch? Ja. Einzig schade finde ich, daß Bassero John Myung in dem sonst erstklassig eingespielten und abgemischten Werk untergeht. Von dem stillen Mann ist eigentlich so gut wie nichts zu hören. Die Songs haben alle eine gut ausgepegelte Kontur durch das gesamte Spektrum der Frequenzen. Aber wie seine Bandkollegen ist auch dieser Basser einer, der weit über dem Durchschnitt spielt und dem man an der ein oder anderen Stelle vielleicht ein wenig Raum hätte schaffen sollen.

    Erwähnt sei noch, daß ich hier nur über die einfache Albenversion des Albums schreiben kann. Es gibt noch weitere Bonus-Varianten, bei denen wahlweise eine zweite CD mit sechs Coversongs oder die komplette Platte auf einer dritten CD instrumental verfügbar sind. Ein besonderes Schmankerl gibt es bei einer Super-Bonus-Fassung. Da gibt es neben dem CD-Cover in Postergröße und einem Mousepad im Coverdesign (soll ein ziemlich billig gemachtes Ding sein, wenn ich anderen Kritikern unkritisch glauben soll!) vor allem noch eine DVD gibt, auf der alle Spuren des gesamten Albums einzeln im Wav-Format vorliegen. Hiermit kann sich jeder Soundtüftler seinen eigenen Mix der Platte erstellen.
    An sich nette Ideen, doch ich habe mich für die einfache Albenversion entschieden, mit der ich sehr glücklich bin. Besonders, weil die Band mich positiv überraschen konnte mit einem wunderbaren Konzentrat aus ihren alten Stilen und den Experimenten der letzten Alben. So finde ich für meinen Geschmack auf dieser mit lediglich sechs Songs gefüllten Locker-Konzept-Platte keine nennswerten Schwachstellen und kann mich über ein weiteres Prog-Highlight der Genrekönige freuen.

    Deutlich mehr Silberstreifen als dunkle Wolken, ein prachtvollen Album!

Systematic Chaos
Typ2 CD / Studio [Enhanced]
Jahr2007
LabelRoadrunner (Warner)
Songs
  1. In The Presence Of Enemies Pt.1
  2. Forsaken
  3. Constant Motion
  4. The Dark Eternal Night
  5. Repentance
  6. Prophets Of War
  7. The Ministry Of Lost Souls
  8. In The Presence Of Enemies Pt.2
    Das Systematic Chaos wird schon beim genauen Betrachten des Booklets offensichtlich. Nicht nur durch (je nach CD-Version) das Cover mit den überall krabbelnden Ameisen. Auch die inner Aufteilung des Albums in einzelne Kapitel ist skurril. Die Kapitel I (Prelude) und II (Resurrection) befinden sich in The Presence Of Enemies Pt.1 (Track #1). Dieser wurde wegen seiner Länge, vielleicht auch aus bindender Funktion für das Album, getrennt. Die Kapitel III (Heretic), IV (The Slaughter Of The Damned), V (The Reckoning) und VI (Salvation) bilden zusammen den Schlusstrack The Presence Of Enemies Pt.2 (Track #8). Das Katipel VII ist nicht explizit ausgewiesen, wird aber den Block von Forsaken (Track #2) bis The Dark Eternal Night Dark (Track #4) bilden. Repentance (Track #5) beginnt mit Kapitel VIII (Regret), sein zweiter Teil leitet das letzte Kapitel IX (Restitution) ein.
    Gut, eine wirklich chaotische Ordnung. Muß der Hörer also wieder ein wüst konstruiertes Konzeptalbum fürchten, bei dem alles inhaltlich in einander verwoben ist? Nein, zumindest ist keine durchgehende Handlung erkennbar. So erklärt auch Mike Portnoy, der die Entstehung des Albums mit seiner Videokamera verfolgte, daß der Name Systematic Chaos daher komme, daß sich doch viele Hörer und Mitmusiker über die verworren-chaotischen Musikgebilde der Band wundern - und wie diese darin noch den Überblick behalten, wenn gelegentlich Metrum und Harmonien in wüster Manier ab- und umbrechen. Hierzu kann der Schlagzeuger - natürlich! - nur unverständlich mit den Schultern zucken: "Naja, wir wissen immer, was wir da tun." Die Art und Weise wie er das sagt, wirkt keinesfalls arrogant, sondern eher entschuldigend. Dieser Eindruck passt zu dem musikalischen, denn so frickelig es an einigen Stellen zugeht (zugehen muss!), der Vorsatz der Band war es, ein rockiges Werk "mit Eiern" zu machen, das nicht mehr so "proggy" wirkt. Lesen wir mal rein...

    In The Presence Of Enemies Pt.1 (Track #1) steigt mit einer fünfminütigen Instrumentalstrecke ein. Die erste Überraschung: keine musikalische Verknüpfung zu den Vorgänger-Alben, die ja zuletzt immer den Ausklang der Vorplatte übernahmen. Es wird zwei Minuten geknüppelt und fast metallern abgeledert, bevor es melodischer und synthesizerlastiger wird. In gewohnter Manier werden rasant viele der später wiederkehrenden Leitthemen (Riffs und Melodien) vorgestellt. Vor dem Einstieg von La Bries Vocals wird es noch einmal andächtig leer: akustische Gitarrenklänge gehen in eine markige Distortiongitarre über, alles in allem bleibt der Vocaleinstieg aber moderat und leicht rockig.
    Forsaken (Track #2) legt anschliessend mit einem einsamen Piano-Arpeggio los, bevor die anderen Instrumente hardrockig dazwischenfahren. Zur ersten Strophe kippt das Arrangement in ein dünnes Konstrukt aus. Zum ersten Chorus wird es choral, es wird über ein Crescendo dichter und rockiger, letztlich behält der fünfeinhalbminütige Song aber sein nicht zu wüstes und melodisches Charisma bei. Das Ende dünnt nach den letzen Zeilen wieder aus, bis nach dem verklungenen Synthi nur noch das Piano die letzten Tönchen bringt.
    Die manische Raserei wartet in Constant Motion (Track #3), wie der Titel erahnen läßt. Der Song gibt sich mit seinen spitzen Synthisounds und harten Riffs der Klampfe eckig und lebendig. Besonders nett finde ich die stellenweise sehr gelungene Dynamic der Stimmen von LaBrie und den Backingvocals durch Portnoy. Webweit fühlen sich neben mir noch viele andere Rezensenten an frühe Metallica erinnert. Nicht von der Hand zu weisen, aber viele Umbrüche und tricky Parts halten den Song doch deutlich in der DT-Spur. Das Ende des Siebenminüters kommt abrupt.
    Viel Verschnaufen gibt es nicht: The Dark Eternal Night (Track #4) zieht auf demselben Pegel los. Das staccato Hauptriff, die effektverfremdeten Vocals, die sich teilweise erfrischend neben dem Metrum schlängeln, verbreiten eine düstere Stimmung. Als Ausgleich gibt es ein wenig Melodie im Chorus und freakige Instrumentalparts, die erheiternd - wenn nicht schon bizarr wirkend - immer wieder aus dem Düsternis-Trott herausstechen. Zum letzten Songdrittel des Neunminüters wird einmal richtig geprügelt, bevor es über ein paar bassbetonte Slappings zum Leitthema zurückgeht.
    Repentance (Track #5) ist, wenn man so will, die erste Ballade. Schon das Intro ist eine musikalische Erinnerung an alte Themen, der Song greift Themen aus den Songs This Dying Soul und Root Of All Evil der Vorgängeralben wieder auf. Als kleinen Bonus gibt es am Ende des instrumentalen Mittelparts und am Songende Guest-Voices von Musikerkollegen wie den Gitarristen Steve Vai und Joe Satriani und Progger-Kollegen wie Daniel Gildenlöw (Pain Of Salvation) oder Steven Wilson (Porcupine Tree). Auch wenn das Thema des Songs bereits bekannt ist, passt sich der ruhige Track an dieser Stelle gut ein und bringt - auch neben den Guestvoices - nette melodische Neuerungen.
    Dann gibt es einen schnellen und choralen Einwurf mit Prophets Of War (Track #6). Ganz sachte und melodisch beginnt der Song, aber bald hackt eine gedämpfte Gitarre dazwischen. Der Sechsminüter wird immer dichter, bleibt zügig. Zum Showdown gibt es ein wütendes Stimmengewirr, das von gut zwanzig Gastschreiern eingegröhlt wurde und den armygleichen Marschstil unterstützt.
    An vorletzter Position wartet die Epochalballade The Ministry Of Lost Souls (Track #7), die fünfzehn Minuten Spielzeit bekommt. Über satte Synthichords und ein getragenes Gitarrenriff geht es los, dann wechselt man zu akustischen Gitarrenklängen und melodischem Charisma. Die Lyrics drehen sich um eine Frau, deren Leben von einem Mann gerettet wurde. Sie steht am einen Ufer des Totenflusses, hat Angst, ihm, der bereits am anderen Ufer auf sie wartet, die Hand zu reichen. Eigentlich wirkt der Song zwischen den restlichen beinahe schon schmalzig, ist aber eine runde und schöne Sache geworden. Er erinnert klanglich teils an Werke wie von der Falling Into Infinity oder Scenes From A Memory (s.u.), mischt aber immer wieder Teile unter, die an die Alben danach angelehnt sind.
    Und das dicke Ende In The Presence Of Enemies Pt.2 (Track #8) lauert. Wie ja bereits beschrieben, im Grunde nur die abgetrennte Fortsetzung des Openers, der Kreisschluss sozusagen, der satte sechszehneinhalb Minuten andauert. Mit dünnen Synthi- und Pianosounds geht der Heretic es an. Nach dem dicken Bass gibt es die ersten Rhythmusverschiebungen, eine verzerrte Klampfe gesellt sich dazu. Das Ensemble schaukelt sich konstant hoch, behält jedoch die Thematik immer bei. Es wird schneller und frickeliger, der Höhepunkt ist der Instrumentalpart The Reckoning, bei dem sich zumindest Gitarre und Keyboard austoben können. Der Ausklang des Albums ist straight, der gewohnte Cliffhanger per Synthifläche kommt nicht. Aber eigentlich ist das Ende ja auch nicht das Ende, wie uns die bereits erwähnte Kapitelreihenfolge innerhalb dieses Chaos zeigen will...

    Die Bonus-CD enthält eine neunzigminütige Begleitung der Recordings und ein paar Kommentare der Bandmitglieder zu einzelnen Songs und der Musik im Allgemeinen, allen voran natürlich vom Kameramann und Regisseur Portnoy. Eine nicht wirklich weltbewegende Doku, die mir für den geringen Aufpreis zum normalen Album aber nicht zu schmerzlich schien.

    Es ist durchaus üblich, daß über Werke dieser Band (vor allem nach der Scenes From A Memory) reichlich gepöbelt wird. Dem einen gefällt der neue Stil nicht, andere wittern überall geklautes Material von anderen Bands, beklagen die "Einfallslosigkeit" der Band. Gerade über das Ausmaß der frischen Rezensionen zu dieser Platte bin ich regelrecht erschrocken.
    Ich gestehe, daß auch ich nicht nach dem ersten Durchlauf der Scheibe hin und weg war. Aber mittlerweile kennt man dieses Phänomen doch - besonders bei Dream Theater. Nun hat sie gute zwei Wochen von mir bekommen, ist ein paarmal durchgelaufen. Ich versuche mal, möglichst objektiv meine Eindrücke zu schildern.
    Die einzig negativen Seiten der Platte finde ich, darin stimme ich mit den meisten Meinungen im Web überein, daß Bass und Schlagzeug zu wenig Raum bekommen. Komischerweise ist auch während der Doku zur Albenentstehung von John Myung nichts zu hören (?!). Auch nach der Eingewöhnungsphase glaube ich nicht, daß diese Platte für mich persönlich an den Vorgänger rankommt, aber sie ist eine runde Sache geworden. Von wenigen experimentellen Stellen abgesehen, die mir nicht sooo dolle gefallen, habe ich den Eindruck, daß sich die Band auf ihre neue Linie eingearbeitet hat. Vor allem hatte ich gerade bei dem Stilbruch zur Train Of Thought (s.u.) arge Probleme mit Sänger LaBrie, der sich meiner Meinung nach auf dieser Scheibe hier gut und passend einbringt, Experimente unterläßt, über deren Ausgang er sich nicht sicher ist.
    Wenn also gepöbelt wird, sollte man immer im Hinterkopf behalten, daß das auf sehr hohem Grundniveau passiert. Nach einigen Durchläufen gefällt mir die Platte gut, auch wenn sie wohl nicht mein Favorit werden wird. Eine musikalische Enttäuschung - auch an Dream Theater selbst gemessen - klingt auf jeden Fall anders!

    Eine gute und gut produzierte Scheibe im neuen Stil der Band.

Octavarium
Typ1 CD / Studio
Jahr2005
LabelAtlantic
Songs
  1. The Root Of All Evil
  2. The Answer Lies Within
  3. These Walls
  4. I Walk Beside You
  5. Panic Attack
  6. Never Enough
  7. Sacrificed Sons
  8. Octavarium
    So, fangen wir mal die Rezension mit den augenscheinlichsten Dingen an, dem Cover. Die dort abgebildeten Kügelchen an Fäden hat wohl jeder schon mal gesehen. Das ist das Spielzeug für gelangweilte Schreibtischtäter, dessen Fasination darin besteht, daß man eine beliebige Zahl der Kugeln anheben und schwingen lassen kann, sich dieser Impuls mittengespiegelt auf die ruhenden Bällchen auswirkt. Wir wollen ja nun nicht mit physikalischen Gesetzen und dergleichen anfangen! Belassen wir es bei einer plumpen Feststellung: irgendwo gegebene Impulse haben erstaunliche Auswirkungen auf ein zunächst ruhendes System.
    Gut, das hat für sich nicht soooo viel gebracht. Was ist mit dem komischen Titel Octavarium? Wenn wir mal ein, vielleicht zwei (!!!) Alben in der Bandgeschichte zurückblicken: ja! Vor zwei Platten gab es mal etwas mit "sechs" im Titel. Hat nicht irgend so ein Rezensionsschreiber im Netz mal zum letzten Album Train Of Thought (s.u.) irgendwas von "sieben" und inhaltlicher Fortsetzung verzapft?! Himmel - wo habe ich DAS wieder gelesen...
    Da fehlt ja zu guter letzt nur noch... daß... oh neiiiiiiiin -- es ist so!

    Der Opener The Root Of All Evil (Track #1) klingt mit demselben Pianoton an, mit dem der letzte Song In The Name Of God der Train Of Thought endet. Sechs, versteckte sieben, hier ein Ocatavarium. Hm, man könnte als gewiefter Verschwörungstheoretiker auf haarsträubende Ideen kommen!
    Und die wären nicht einmal haarsträubend. Das Bollwerk der Band geht weiter. Der Opener gibt sich von Stil, Drive und Songstruktur unverblümt als Fortführung der letzten Scheibe.
    Insgesamt kreuzt die Ocatavarium aber in deutlich ruhigeren Fahrwassern als die Train Of Tought. Schon The Answer Lies Within (Track #2) bringt weiche Klänge, wie man sie von früheren DTs kennt. In schön balanciertem Wechsel geben sich die Parts und Songs die Klinke in die Hand. Jedenfalls wir der Zuhörer bei Laune gehalten, durch ein musikalisches Wechselbad gezogen und am Ende beim vierundzwanzigminütigen (!!!) Titelsong Octavarium (Track #8) sorgfältig zum Trocknen an die Leine gehängt.

    Ich bin echt gespannt, ob und wie diese Reise weitergeht - und wer mich (hoffentlich bald) von der Wäscheleine nimmt.

    Einfach geil von Anfang bis Ende. Kauf nachdrücklich empfohlen!

Train Of Thought
Typ1 CD / Studio
Jahr2003
LabelEastWest America
Songs
  1. As I Am
  2. This Dying Soul
  3. Endless Sacrifice
  4. Honor Thy Father
  5. Vacant
  6. Stream Of Consciousness
  7. In The Name Of God
    Die Herren haben sich wieder etwas zusammengebraut. Diesmal auch wieder nur eine CD lang. Das Cover ist für DT-Verhältnisse recht düster - dasselbe gilt für die Musik des Albums.
    Die Scheibe kracht ungewohnt metallern über einen hinweg, ist schnell, straight und ruppig. Nach anfänglicher Verwirrung wich zumindest bei mir persönlich die Skepsis schnell der Freude. Denn natürlich wird nach wie vor auf technisch brillantem Niveau gezaubert: auch hier fehlt es nicht an Melodie, Rhythmuszauber und genügend Prog!
    Wer die für mich deutlichste Veränderung durchlebt, ist Sänger LaBrie. Oft als Bremsklotz der Band belächelt, macht er hier eine gute Arbeit, wie ich finde. Denn daß die anderen Musiker alle holzen können, daß man mit offenem Mund zuhört, wissen schliesslich alle. LaBrie hält das Tempo und den Drive anstandslos mit.

    Wer einen Anhaltspunkt zum Testhören haben möchte, dem empfehle ich meinen Lieblingstitel Endless Sacrifice (Track #3). Die Nummer ist anfangs mit das Ruhigste, was es auf der Platte gibt. Durch das folgende Crescendo bekommt man einen Einblick in das Wüste der Scheibe gleich mit. Wie die Nuancen dieses Titels ist das Komplettwerk fein durchzogen und in seiner Wüstheit wohl dosiert.

    Noch ein paar kleine Details am Rande: wer einmal den Vorgänger Six Degrees Of Inner Turbulence (s.u.) direkt vor diesem Album laufen hatte, wird es schnell mitbekommen: das Outro des Vorgängers fliesst in den Opener As I Am (Track #1) hinüber. Was bei der Songliste so nicht erkennbar ist: eigentlich ist die gesamte Train Of Thought als ein Degree Seven betitelt. Der Song This Dying Soul (Track #2) ist aufgeteilt in Part IV und Part V, denn er bildet die inhaltliche Vorsetzung von The Glass Prison (Track #2 des Voralbums), in dem die ersten drei Parts untergebracht sind. Wenn man so möchte, ist diese Platte die nachgeschobene CD Nummer drei des Vorwerks. Darüber hinaus finden sich zahlreiche musikalische und textliche Anspielungen an die älteren Songs der Band.

    Straight, wüst, flott. DT drehen einmal wunderbar auf.

Six Degrees Of Inner Turbulence
Typ2 CD / Studio
Jahr2002
LabelEastWest America
Songs CD -1-
  1. The Glass Prison
  2. Blind Faith
  3. Misunderstood
  4. The Great Debate
  5. Disappear
CD -2-
  1. The Glass Prison
    1. Overture
    2. About to Crash
    3. War Inside My Head
    4. The Test That Stumped Them All
    5. Goodnight Kiss
    6. Solitary Shell
    7. About to Crash (Reprise)
    8. Losing Time/Grand Finale
    "Umfangreich" ist ein Begriff, der für dieses Werk mehr als angebracht ist. Alleine schon, weil es sich um eine Doppel-CD handelt.
    Die sechs Grad innerer Unruhe staffeln sich - es ist schon an den Songtiteln zu sehen - wie folgt: auf der ersten Scheibe sind fünf Titel, wovon jeder ein Grad der inneren Unruhe darstellt. Die gesamte zweite CD bildet nun den sechsten Grad, ist in Untertitel getrennt. Diese zweite CD für sich hat denselben Aufbau wie der Vorgänger Scenes From A Memory (s.u.) von einer Overture (CD 2, Track #1) bis hin zum Grand Finale (CD 2, Track #8).

    Gut. Daß da ein Konzept vorliegt, machen also alleine die Songtitel klar. Aber bei dieser Scheibe ist das Konzept nicht so stringent wie beim Vorgängeralbum. Was diese Platte inhaltlich bietet, ist von vielem ein bißchen: Sozialkritik, politische Denkanstöße, Fragen nach Ethik in Forschung und Medizin, daneben alles irgendwie durchzogen von kleinen menschlichen Geschichten und Schicksalen. Ja, es gehört alles irgendwie zusammen, ist aber so bruchstückhaft und oft unverbindlich, daß man keine Bange haben muß! DEN großen Sinn der Inhalte sollte man nicht suchen - man wird keinen finden. Vielmehr ist es so, daß man bei jedem Hören aufs neue kleine Elemente und Highlights entdecken kann, so daß das Werk immer wieder Freude bereitet. Je nach eigener Laune können Texte und Musik unterschiedlich wirken und aufgenommen werden.
    Ach ja: Musik! Bei diesem Bombastorwerk kommt man schon als Rezensionsschreiber ins weitläufige Schwafeln. *grins*
    Die Platte ist nach meinem Empfinden weiter gesteckt als die Vorgänger. Naja, Kunststück bei dem Umfang. Das bedeutet: wo es ab geht - natürlich toben sich alle Musiker wieder bis an die Grenzen aus! -, geht es richtig zur Sache. Dafür bekommen die Melodieparts und ruhigen Songs ebenfalls mehr Spiel. Es muß eben nicht sekundenweise das Thema oder Metrum gewechselt werden; man hat diesmal zwei CDs Zeit...

    Eigentlich alle Leute, die ich kenne, hatten zunächst Sorgenfalten, wenn es um diese Scheibe ging. Ich möchte mich selbst da nicht ausschliessen. Das Werk ist ein fetter, fetter Klotz, den man zunächst grob kennenlernen muß, bevor man sich seine Lieblingssongs und -passagen suchen kann. Letztlich sind aber alle mir bekannten Leute mit dem Ding warm geworden. Ich persönlich höre immer wieder gern rein, eben gerade weil man im Grunde überall anfangen und aufhören kann, wo es einem paßt. Alles kriegt man nie zu fassen. Hat man das erst erkannt, muß man als DT-Fan mit dieser Platte glücklich werden können.

    Wer unbedingt eine genauere Anweisung will, auch wenn ich mir hier absichtlich ein Auseinanderpflücken aller Songs gespart habe: einfach mal CD 2 von Goodnight Kiss (Track #5) bis zum Ende antesten.

    Faszinierende Mikroskopsicht in einen musikalischen Makrokosmos!

Scenes From A Memory
Typ1 CD / Studio
Jahr1999
LabelEastWest America
Songs
  1. Regression
  2. Overture 1928
  3. Strange Deja Vu
  4. Through My Words
  5. Fatal Tragedy
  6. Beyond This Life
  7. Through Her Eyes
  8. Home
  9. The Dance of Eternity
  10. One Last Time
  11. The Spirit Carries On
  12. Finally Free
    Das meistumjubelte und -zitierte Album der Band - meiner Meinung nach zu recht! Dies ist ein Konzeptalbum, was gerade im Prog keine Seltenheit ist, aber in dieser Qualtität (inhaltlich und musikalisch) nur ganz, ganz, ganz wenige würdige Mitstreiter findet!
    Ach ja - und im Lineup der Band hat es eine Umbesetzung gegeben: neuer Mann an den Keyboards ist ab hier Jordan Rudess.

    Mit einem Uhrticken und einer ruhigen Märchenonkelstimme geht es los. Denn der Protagonist namens "Nicholas" wird in Regression (Track #1) in Trance versetzt, um sich in die Vergangeinheit, in frühere Leben, Orte und Geschehen versetzen zu können. Zwei Minuten des Einpendelns in die Geschichte, die mit weichem Gesang und klaren Gitarrenklängen enden.
    Wenn wir, die Hörer, ihm folgen, landen wir anschliessend mit geschlossenen Augen im Jahre 1928. Es gibt eine Overture (Track #2). Wie bei der klassischen Oper erfüllt sie hier den Zweck, eine Vorausschau der kommenden Inhalte zu bieten, quasi das musikalische Äquivalent zum kulinarischen Apéritif. In knappen dreieinhalb Minuten werden alle folgenden Leitmotive durchgeknüppelt - in atemberaubender Instrumentalarbeit natürlich, alles ohne Gesang. Die bunten Flicken von Themen, Melodien und Stimmungen flitzen vorbei, gehören irgendwie zusammen, auch wenn man jetzt noch nicht sagen kann wie.
    Ähnlich geht es unserem Nicholas, der in Strange Deja Vu (Track #3) wieder zu Wort kommt. Wie dem Hörer die Musikbrocken im Kopf schwirren, berichtet er von Déjà-vus, von Personen, Bildern, Szenen und Orten, die er bechreibt, teilweise erkennt, aber noch nicht zu einem schlüssigen Bild zusammensetzen kann. Entsprechend wirr geht es musikalisch zu, der Fünfminüter ist schnell und wechselhaft, die instrumentalen und rhythmischen Schwerpunkte verändern sich weiter im Affenzahn. So schliesst hier die Exposition, der erste Akt, der nahtlos in den zweiten übergeht.

    Einleitung des zweiten Aktes ist Through My Words (Track #4). Ein ruhiges Piano und dünne Synthesizerklänge untermalen LaBries zarte Stimme. Bereits nach einer Minute verwandelt sich die Stimmung in Fatal Tragedy (Track #5). Unserem Progtagonisten fügen sich immer deutlichere Bilder zusammen. Von einer viel zu jung gestorbenen Frau ist die Rede, von einer Tragödie eben. Die sechseinhalbminütige Tragedy ist stellenweise druckvoll, rhythmisch vertrackt, dennoch melodiös und in sich eine durchgehende Einheit. Erstmals wird das Biest an jedem Instrument merklich von der Kette gelassen, gerade was Rudess an den Keyboards und Petrucci an der Gitarre hier synchron atzen, geht auf keine Kuhhaut!!!
    Auf einmal bricht alles ab. Sekunden der Stille. Unser Nicholas bekommt entscheidende Puzzleteile zusammen: einen Abschiedsbrief, Zeitungsartikel, die von einem Eifersuchtsdrama sprechen. In Beyond This Life (Track #6) klaren die Verhältnisse der Handlungsebene merklich auf. Der Elfminüter wütet auch musikalisch über den Zuhörer hinweg wie die rasende Bilderfolge eines modernen Thrillers im Stroboskop-Effekt. Mit dem inhaltlich, musikalisch und zeitlich dicken Brocken endet nun der zweite Akt.

    Der dritte beginnt mit Through Her Eyes (Track #7), ein merklicher Bruch. Weiche Synthesizerklänge und eine bluesig-gospelige weibliche Stimme lassen uns in die Ballade hineinschweben. Der Frieden und der tragisch-schöne Aufbau dieses Songs sind erschreckend! Er plätschert ruhig dahin, ein getragener Bass bindet in den Tiefen, eine weiche, runde Gitarre verhalten in den hohen Lagen, ein minimalistisches Schlagzeug und mehrstimmiger Gesang komplettieren das Szenario. Eine der geilsten Balladen überhaupt!
    Und auf einmal heißt es: Home (Track #8), der mit knappen dreizehn Minuten der längste Track des Gesamtkunstwerks ist. Seltsam orientalische Harmonien und Instrumentenklänge (eine Sitar?) bringen zunächst Verwirrung, doch schnell bricht durch eine schiebende, verzerrte Gitarre und straighte Drums alles. Was hier inhaltlich passiert: Nicholas liest in seinen Visionen in den Gedanken zweier Männer, die dieselbe Frau lieben. Am schwerwiegendsten an alledem ist, daß diese beiden Männer auch noch Brüder sind. Eine zerreissende Irrfahrt zwischen Bruderliebe, Liebe zu einer Frau, Ehre und Rachegefühlen. Daß das nicht gut enden kann, wird sich jeder denken...

    Der letzte Akt beginnt mit The Dance Of Eternity (Track #9) sechs Minuten instrumental, quasi einer Nachdenk- und Sacken-Lass-Pause.
    Im anschliessenden One Last Time (Track #10) macht sich unser Protagonist Nicholas so seine Gedanken, ob - und wenn wie - das alles Sinn ergeben kann. Nach diesen dreieinhalb Minuten musikalisch angenehmer Revue geht es zu seinem persönlichen Fazit:
    The Spirit Carries On (Track #11). Ein wenig theatralisch - beinahe schwülstig - erkennt er, daß er an den Fortbestand des menschlichen Geistes über den Tod hinaus glaubt. Nach epochalen Klängen gesellen sich letztlich breitbandige Gospelgesänge dazu, nach all den bitteren Szenen und Tragödien ein optimistischer Blick in Vergangenheit und Zukunft zugleich.
    Nach diesem Trip wird nun unser Nicholas vom anfänglichen Erzähler und Hypnotiseur aus der Vergangenheit ins Hier und Jetzt zurückgeholt: Finally Free (Track #12). Er steigt ins Auto und fährt heim, scheint während dieser Fahrt die erlebten Szenen nochmals zu ordnen und durchleben, die gewonnenen Erkenntnisse mit seinem eigenen Leben in Einklang bringen zu wollen.
    Locker perlt der finale Song los, bis sich das tragische Ereignis des Brudermordes aus Eifersucht erstmals vor seinem geistigen Auge zusammensetzt. Die angeschossene Frau und der eine Bruder fallen aufeinander, treten zusammen aus dem Leben, können erst jetzt - letztlich frei - die gemeinsame Seelenwanderung beginnen. Ein unbeteiligter Augenzeuge, der helfen will, bekommt nur noch mit, wie sich der mordende Bruder selbst richtet.

    Wie der Inhalt gibt auch die Musik in diesem zwölfminütigen Finale alles, es wird noch einmal pompös und mächtig. In den letzten zwei Minuten hören wir unseren Nicholas mit dem Auto zuhause vorfahren, den laufenden Fernsehapparat ausschalten, sich einen Drink einschütten. Scheinbar will da jemand verschnaufen. Daß es immer anders kommt als erwartet, beweist einmal mehr die letzte Hörspielminute dieses umwerfenden Prog-Epos!

    Eine Alternative bzw. lohnende Ergänzung ist die Live-DVD
Metropolis 2000 - Scenes From New York
    (s.u.) zu diesem Album!

    Das aller-aller-geilste (!) Album, das ich überhaupt kenne!

Falling Into Infinity
Typ1 CD / Studio
Jahr1997
LabelEastWest America
Songs
  1. New Millennium
  2. You Not Me
  3. Peruvian Skies
  4. Hollow Years
  5. Burning My Soul
  6. Hell's Kitchen
  7. Lines In The Sand
  8. Take Away My Pain
  9. Just Let Me Breathe
  10. Anna Lee
  11. Trial Of Tears
    1. It's Raining
    2. Deep In Heaven
    3. The Wasteland
    Mein persönliches Erstlingswerk, quasi der "Anfixer" zu Dream Theater. In den gesamten Diskographie der Truppe schneidet dieses Album meistens als Flop ab. Irgendwie kann ich mittlerweile nachvollziehen warum, andererseits ist die Platte der kommerzielle Durchbruch der Band gewesen - auch dies nicht grundlos!
    Im Vergleich zu den anderen Platten ist die Falling Into Infinity recht ebenmäßig, fast poppig. Natürlich fehlt es nicht an zahlreichen Progeinflüssen, aber die sind dezent verpackt. Die große Spanne in Genresprüngen bleibt aus, so daß zwischen melodiösen Metalsounds und Popthematiken gependelt wird. Für eingefleischte Progfreaks ist das Album sicher kein nenneswertes Highlight, für Leute, die sich zärtlich dem Metier nähern wollen, genau das Richtige! Aber werfen wir einen genaueren Blick auf die Songs...

    Der Opener New Millenium (Track #1) beginnt zaghaft mit Synthesizern, dezenten Bass- und Gitarrensounds, bevor Piano und Drums zum ersten flotteren Antritt anschieben. Grundstimmung und Gesang haben etwas Pseudo-Düsteres, ein wenig Postmoderne zieht ein. Kleinere Spielereien und Instrumentalparts lockern die Atmosphäre immer wieder auf. Mit acht Minuten und zwanzig ist der Opener meiner Meinung nach zu lang - die Inhalte hätte man gestraffter durcharbeiten können, aber der Einstieg ist noch vertretbar.
    You Not Me (Track #2) ist glücklicherweise nur fünf Minuten lang, ist außerdem wesentlich lebendiger und gutlauniger, es fehlen zwar die atemberaubenden Prog-Momente mit dem dicken Aha-Erlebnis, dennoch geht die Nummer gut zu Ohr und ist schön.
    Bei Peruvian Skies (Track #3) wird es wieder ein wenig länger, knappe sechseinhalb Minuten. Aber der Song ist charismatisch und ausgefeilt. Ein schleppender 6/8 Takt durchzieht die ruhige Ballade, brillante Finessen von Drums und Bass verschleppen das Metrum stellenweise, Synthesizer und Gitarren bringen eine gebundene Ruhe in die tragischen Lyrics. Zu Hälfte gibt es ein merkliches Crescendo, auf das ein schönes Gitarrensolo folgt, das letzte Songdrittel rockt ziemlich, hält aber auf wundersame Weise am anfänglichen Leitthema fest. Sehr gelungener Song!

    Hollow Years (Track #4) ist bittersüß und von Grunde auf seelenruhig. In den Lyrics wird vom Zentnergewicht gesprochen, was jedem irgendwann von den Schultern genommen wird, von Hoffnungen, von Träumen. Verpackt ist dies in friedliche Instrumentalarbeit mit wenigen Schnörkeln. Angenehm, ruhig, nett, schön.
    Burning My Soul (Track #5) haut mächtig drauf, geht flott metallern ab, will bei mir nicht so recht wirken. Denn es fehlt letztendlich der Biss, um die Nummer glaubhaft wirken zu lassen. Für mich eher die brave Hauskatze, die einmal zu Karneval den wilden Tiger geben will.
    Interessanter ist der vierminütige Nachfolger Hell's Kitchen (Track #6), ein schön ausgefeilter Instrumentalsong. Und keine Sorge: der Songtitel ist blankes Posing!
    Ein langer Klops wartet mit Lines In The Sand (Track #7). Mit zwölf Minuten keine leichte Kost, aber der Titel ist flott, abwechslungsreich und lebendig. Er nudelt sich nicht so schnell ab wie der Albumsopener. Zumal er viele verschiedene Elemente beinhaltet und in bester Progmanier verbindet.
    Take Away My Pain (Track #8) ist wieder ein schöne Ballade. Wie heißt es in den Lyrics "you can take away my heroes, can you take away my pain?" Inhaltlich ist der Song nachdenklich, ein wenig anklagend und bittend. Musikalisch ist er angenehm lebendig, so daß das Gesamtbild nicht ins Schmalzige abrutscht.
    Ein wenig mehr Dampf gibt es bei Just Let Me Breathe (Track #9), einer druckvollen Mischung aus Rock und Heavy, das ganze in schöner Rhythmusarbeit, garniert mit ein paar Progspielereien - ein ohrgängiger Fünfminüter!
    Sanfte Pianoklänge tragen in Anna Lee (Track #10) hinein, ein ruhiger Gesang, unverzerrte Gitarren, leichte Percussions. Der Titel lebt noch auf, keine Sorge, bleibt im Gros aber melancholisch ruhig, eine fast sechsminütige Ruheinsel vor dem Schluß.

    Und dann das Finale Grande in Form von Trial Of Tears (Track #11). Der Tracklist schon zu entnehmen: es handelt sich um einen Dreiteiler, läßt auf einen etwas längeren Song schliessen? Ja, mit dreizehn Minuten der Überflieger des Albums - und meiner Meinung nach nicht nur zeitlich!
    Ein synthesizerflächiges Echotropfenintro bringt in die perlende Regenatmo des ersten Teils, ein markiger Bass sorgt für Dichte und Bindung zwischen den legato gespielten Melodieinstrumenten und dem quirligen Schlagzeug. Nach und nach schichtet sich alles übereinander, Drive, Groove, energischer Gesang, fluende Gitarrensoli. Durch den fallenden Regen wird der Zuhörer quasi in rasendem Tempo mitten in den Himmel gesogen - eben Deep In Heaven. Dort geht es weitläufig, rockig, instrumental, gelegentlich funky zu. Bis - ja, bis zum Ende nur noch ein Wasteland überbleibt: "welcome to the wasteland where you find ashes, nothing but ashes" singt ein ruhiger LaBrie in die Windsamples hinein, bevor sich alle Instrumente zu einem letzten Schwungholen, einem letzten Kräftesammeln zum Wiederaufbau der verbrannten Erde zusammenrotten...
    Diese kurze Reise ist derart kompakt, rasant, abwechslungsreich und charismatisch, daß alleine dafür die Anschaffung dieser CD lohnt! Auf jeden Fall beim Testhören reinziehen - ganz, ganz großartige Nummer!!!

    Sicher nicht das Meisterstück von Dream Theater, aber viele geile Songs und Parts dabei!

A Change Of Seasons
Typ1 CD / Studio
Jahr1995
LabelEastwest (Warner)
Songs
  1. A Change Of Seasons
  2. Funeral For A Friend
  3. Perfect Strangers
  4. The Rover
  5. The Big Medley
    Zunächst sei das bandinterne Novum erwähnt: der vorherige Keyboarder Kevin Moore wurde durch den neuen Mann an den Tasten, Derek Sherinian, ersetzt, der sich bereits auf einer langen Tour vor den Aufnahmen beweisen durfte.
    Beim Stichwort "Aufnahmen" dann der Hinweis, daß es sich bei dieser Scheibe eher um eine EP als um einen Longplayer handelt. Denn im Grunde ist der einzige Song auf dieser Platte, der nach jahrelanger Ankündigung und Überarbeitung letztlich seinen Weg in die Veröffentlichung antrat, der erste Track und Titelsong...

    A Change Of Seasons (Track #1) ist aber natürlich nicht "einfach nur ein Song". Mit satten dreiundzwanzig Minuten schlägt dieser Titel zu Buche. Er teilt sich in sieben Kapitel auf, die da heissen: I.The Crimson Sunrise, II.Innocence, III.Carpe Diem, IV.The Darkest Winters, V.Another World, VI.The Inevitable Summer und letztlich zum Kreisschluß VII. The Crimson Sunset. Es geht - wie schon zuvor und auch bei späteren Werken der Band - über lange Passagen instrumental zu Werke, mal mit einem jazzigen Einschlag, dann wieder straighter und rockiger. Alles in allem ist der Longtrack immer dynamisch, harmonisch schön konstruiert und als Ganzes eine schlüssige Angelegenheit. Auch der Gesang kann von den ruhigen und emotionaleren bis hin zu den flotteren Parts durchweg überzeugen.
    Einzig zu mäkeln habe ich über den Keyboardsound im Intro (vielleicht die erste Minute), der sich über die ruhige Arpeggiogitarre legt. Ich weiß nicht, ob es die seltsame Wahl des Saloon-Pianos als Sound oder eine beabsichtigte minimale Verschiebung der Töne im Centbereich ist. Jedenfalls liegen mir die ersten Klänge immer als "leicht schief" in den Ohren. Das wächst sich mit forschreitendem Song und Synthiklängen jedoch bald aus.
    Auch wenn ich kein Fan der frühen Stunde war, der dieses langangekündigte Werk heiss ersehnen durfte (bzw. musste), freut es mich, diese Scheibe als Komplettierung später als günstiges Schnäppchen nachgekauft zu haben - zumal, auch das ist nichts Neues für die Band, einige Phrasen und Themen in späteren Alben wieder auftauchen!

    So, ja, und der Rest? Die restlichen Songs sind eine live eingespielte Hommage an die großen Vorbilder der Musiker, die da wären: Funeral For A Friend (Track #2) eine Coverversion von Elton John (dementsprechend sehr pianolastig), Perfect Strangers von Deep Purple - man hört es schon an der psychedelisch wabernden Hammondorgel im Intro -, The Rover (Track #4) von Led Zeppelin ist sehr basslastig und urig-rockig schmierig und letztlich The Big Medley (Track #5), bei dem jeder spätestens mit dem Beginn des Themas aus der "Bohemian Rhapsody" merkt, daß es sich um einen Queen-Klassiker handelt.

    Ein tolles Titelstück und vier schöne Coverversionen machen die EP überaus hörenswert!

Awake
Typ1 CD / Studio
Jahr1994
LabelEastWest America
Songs
  1. 6:00
  2. Caught In A Web
  3. Innocence Faded
  4. Erotomania
  5. Voices
  6. The Silent Man
  7. The Mirror
  8. Lie
  9. Lifting Shadows Off A Dream
  10. Scarred
  11. Space-Dye Vest
    Das Album ist inhaltlich nahe am Vorgänger Images And Words (s.u.), doch die Gesamtstimmung liegt ein wenig anders. Die Atmosphäre ist leicht kühler, es fehlt die Herzlichkeit - was nicht als Negativum verstanden werden soll! Die Atmosphäre ist düsterer, dafür stehen die Keyboards von Kevin Moore etwas mehr im klanglichen Vordergrund, nehmen insbesondere deutlich Schwerkraft aus der Gitarre von John Petrucci.
    Progressiv verspielt geht es natürlich wieder zu. Klaro! Melodie, atemberaubende Rhythmuswechsel und beeindruckende Soli aller Instrumente dürfen bei dieser Band nicht fehlen.

    Als grobe Übersicht: die zwei ersten Songs sind angenehm sportlich. Bei Erotomania (Track #4) darf Gitarrist Petrucci einmal zeigen, was er drauf hat.
    Die beiden Songs The Mirror (Track #7) und Lie (Track #8) sind knüppelhart und bringen am ehesten einen Eindruck von Heavy Metal mit.
    Eine zuckersüße Ballade ist The Silent Man (Track #7), der schon beinahe ins Schmalzige abrutscht. Interessanter finde ich die Ballade Lifting Shadows Off A Dream (Track #9), die mit Flageoletts an Bass und Gitarre ruhig startet, auch friedlich bleibt, aber traumhaft verspielt ist.
    Längster Song ist mit fast elf Minuten Scarred (Track #10) , der flächig und beinahe funky beginnt, sich Stück für Stück zu einem treibenden Monstrum hochkämpft.
    Der Abschluß Space-Dye Vest (Track #11) ist für ein geplantes Testhören auf jeden Fall vorzumerken! Der siebeneinhalb Minuten lange Ausklang des Albums ist sphärisch, melodiös und charismatisch, dennoch voller Abwechslung und Leben.

    Vielleicht noch eine Spur besser als der Vorgänger!

Images And Words
Typ1 CD / Studio
Jahr1992
LabelEastWest America
Songs
  1. Pull Me Under
  2. Another Day
  3. Take The Time
  4. Surrounded
  5. Metropolis - Part I
    "The Miracle And The Sleeper"
  6. Under A Glass Moon
  7. Wait For Sleep
  8. Learning To Live
    Das zweite Studioalbum der DTs, damals noch mit Kevin Moore an den Keyboards. Im Vergleich zum Debüt soll es ein weniger Metal enthalten, aber das kann ich nur unkritisch so weitergeben, da ich die When Dream And Day Unite (s.u.) nicht kenne.

    Der Opener Pull Me Under (Track #1) bekommt gute acht Minuten, zieht mit gemäßigten Gitarren und breiten Keyboardsounds los, jeder Instrumentalist darf sich warm jammen und bekommt ein wenig Soloraum. Trotz seiner Länge ist der Song angenehm, melodiös und bringt ohne Umwege in die Materie.
    Another Day (Track #2) ist eine schöne Ballade, die mit einigen Harmoniespielereien lebendig bleibt. Oft wird über Sänger James LaBrie gemeckert. Schon bei diesem Song - wie bei unzähligen später - kann ich das nicht nachvollziehen. Vielleicht erreicht er nicht das musikalische Level seiner Musikerkollegen -- aber: der Mann ist gut und paßt wie die Faust aufs Auge für diese Prog-Combo.

    Mit Take The Time (Track #3) wird es schnell freakiger und verspielter. Was flächig mit Synthi losgeht, entwickelt sich zu einem rhythmisch raffinierten Treiber: knüppelnde Drums, hüpfender Walkingbass, rockige Klampfe und energischer Gesang. Zur Mitte des Achtminüters gibt es eine Ruhephase, gefolgt von einer herrlichen Instrumentalstrecke, auf der sich alle Instrumente ausproggen dürfen.
    Sanfte Echotropfen des Keyboards leiten Surrounded (Track #4) ein, LaBrie singt weich über die Streicher- und Pianoklänge des Intros. Der Titel baut sich zärtlich auf, auch durch die komplexen Timeshifts hindurch ziehen sich Frieden und angenehme Melodie. Nach einem schmissigen Gitarrensolo gibt es ein butterweiches Ende.
    Metropolis - Part 1 (Track #5) startet mit synthetischem Keyboard und feinen Percussions - schon hier hört man, daß da mehr kommen wird. Ein schmieriger Bass und eine urig rockige Gitarre treiben die Nummer an. Dieser Song ist zunächst eine metallerne Duftmarke dieses Albums, der Nachfolger wird einige Jahre später in Form eines kompletten Albums namens Metropolis Part 2: Scenes From A Memory (s.o.) folgen und eine Messlatte in Sachen Konzeptalbum und Progressive werden.

    Mit Sounds, die an Endzeitstimmung und Epic Metal erinnern, geht Under A Glass Moon (Track #6) instrumental los, erst nach eineinhalb Minuten setzt LaBrie mit ein. Der Siebenminüter ist flott rockig, rythmisch verfrickelt und abwechslungsreich.
    Vor dem großen Finale kommt ein ruhiges Wait For Sleep (Track #7), mit gerade zweieinhalb Minuten der deutlich kürzeste Song des Albums. Gebundene Streicher und ein lebhaftes Piano unterlegen den Gesang, keine Drums, keine wüsten Gitarren.

    Das dicke und lange Ende bildet Learning To Live (Track #8). Der Schlußtrack dauert geschlagene elfeinhalb Minuten. Nach einem weitläufigen Intro geht es zunächst balladiös weiter: weiche Keyboards, unverzerrte Gitarren. Takt für Takt gibt es ein wenig mehr Fahrt und Rhythmus. Im Grunde sind hier viele Songs und musikalische Themen in einem verwurstet: vielfach bricht ein Thema komplett ab, das Arrangement, Metrum und Tonart wechseln oft - naja Prog eben.

    Ein junger Progmeilenstein der (wohl) erfolgreichsten Genre-Vertreter.

When Dream And Day Unite
Typ1 CD / Studio
Jahr1989
LabelMechanic Records/ MCA
Songs
  1. A Fortune In Lies
  2. Status Seeker
  3. The Ytse Jam
  4. The Killing Hand
    1. The Observance
    2. Ancient Renewal
    3. The Stray Seed
    4. Thorus
    5. Exodus
  5. Light Fuse And Get Away
  6. After Life
  7. The Ones Who Help To Set The Sun
  8. Only A Matter Of Time

Dream Theater : DVD

Metropolis 2000:
Scenes From New York
Typ1 DVD / Live-Konzert
Jahr2001
LabelElektra / Warner Music Vision
DVD • Bildformat: Pal 4:3
• Tonformat: Dolby Digital 2.0 Stereo
• Ländercodes: 2,3,4,5,6
• Discformat: DVD-9

• Spieldauer: ca. 190 Minuten
Tracks
  1. Opening Scene
  2. Regression
  3. Overture 1928
  4. Strange Déjà Vu
  5. Through My Words
  6. Fatal Tragedy
  7. Beyond This Life
  8. John & Theresa Solo Spot
  9. Through Her Eyes
  10. Home
  11. The Dance Of Eternity
  12. One Last Time
  13. The Spirit Carries On
  14. Finally Free
  15. Closing Scene
  16. Credits
( es gibt weiteres Bonusmaterial auf der DVD ! )
    Dream Theater live on stage mit ihrem wohl bekanntesten Album Scenes From A Memory (s.o.). Wer also nähere Info zu den enthaltenen Songs sucht, sollte ebenda nachlesen.
    Zunächst festzuhalten ist: es ist erschütternd, wie nahe die Brüder live an die Tonqualität und Güte ihres Studioalbums rankommen. Dazu gibt es zu den arbeitenden Musikern immer wieder kleine Videoeinspielungen, die die Handlungselemente des Konzeptalbums visualisieren. Sogar der Märchenonkel sitzt live mit auf der Bühne!
    Die einzige Abweichung von den Originalsongs bei der Liveshow ist John & Theresa Solo Spot (Track #8), das gestreckte Intro zu Through Her Eyes, bei dem Gitarrero Petrucci ein Hammersolo hinlegt und sich mit der farbigen Soulgastsängerin ein irrsinnig geiles Duett zwischen Gitarre und Gesang liefert.

    Über drei Stunden atemberaubende Show pur.